Nun also das letzte Kapitel der ausgedehnten Zehn-Jahres-Feier: Uns erwarten elf Remixe von Tracks aus dem umfangreichen Back-Katalog des Labels sowie ein Medley der Tracks vom Chef LXC selbst.
Erste große Überraschung: Die Tracks gibt es komplett digital in allen möglichen Formaten auf archive.org. Das steht augenscheinlich im Kontrast zum bisherigen Vinyl-zentrierten Schaffen des Labels, könnte aber auch als neue Öffnung gegenüber den Fans interpretiert werden. Vergleicht man die Anzahl an Soundcloud-Klicks o.ä. mit der eher geringen Auflage der Platten, macht das sicherlich Sinn. Konsequent bleibt man hier beim DIY-Ansatz: Wenn eh schon niemand davon reich wird, warum dann überhaupt erst auf Bandcamp oder gar Streaming-Dienste setzen? Ein Hinweis auf Paypal-Spenden könnte finanziell genauso viel oder wenig bringen.
Beim Überfliegen der Tracklist macht sich bemerkbar, wieviele Artists mittlerweile schon auf Alphacut ihren Platz gefunden haben. Da verliert man schon mal den Überblick, was so auf den letzten zwanzig Platten passiert ist. Vielleicht auch, weil zwischendurch der Fokus auf den Sub-Labels 45Seven und Alpha Cutauri lag. Beim schnellen Durchhören wird aber auch deutlich, dass es schon eine eigene, gemeinsame Sprache ist, die hier mal laut gebrüllt, mal leise gemurmelt wird. Und mit der lassen sich wunderbare Geschichten erzählen.
Wer das Abenteuer abkürzen will, greift dabei auf LXCs Medley zurück. Ansonsten funktionieren die einzelnen Tracks wie Episoden einer langen Erzählung. Die ersten sechs sind dabei alte Bekannte – sie wurden bereits auf den drei 10-Inches der Ov3r Construct10n-Serie veröffentlicht. Konzentrieren wir uns also auf die anderen Remixe:
Paranoid Society remixen den „Jump Funk“ von Martsman, geben dabei sowohl die Flächen als auch die bleepige Melodie, die das Stück zum Hit machte, zugunsten einer düsteren Atmosphäre und fieser Amen-Attacken auf. Bis auf einige Breakbeats fehlt mir hier ein wenig der Bezug zum Original. Das macht den Remix eher zu einem eigenständigen Track, der indes ordentlich rockt und eine prima Verfolgungsjagd hergibt.
„Dusty Stylus“ von Morphy wird gleich zweimal überarbeitet. Fade schenkt uns hier eine Voodoo-Dub-Version, die ähnlich beklemmend ist wie die Vorlage. Von allen Seiten schieben, klappern und zischeln die Drums hier, Vorsicht! Aufgeräumter sind diese wiederum in der „Crystal Dust“-Version von [kju:bi]. Auch hier wird das Original behutsam um mysteriöses Geschnatter und paranoide Flächen ergänzt. So stelle ich mir die Stimmung vor, wenn man im Dschungel permanent unruhig über die Schulter schaut.
Eine alles platt walzende Bass-Lawine präsentiert uns Sub mit seinem Remix zu Hexers „The Bomb“. Statt dessen rollende Beats gibt es hier ein knochentrockenes Halfstep-Gerüst, zu dem wir durch die postapokalyptische Einöde stapfen.
Dissidents leichtfüßiges „Swimming In The Soup“ kriegt von Muted einen leichten Hip Hop-Einschlag verpasst. Ja, zu diesem Outro können sich alle Drum’n’Bass-Helden nach bestandenen Abenteuern gelassen an den Pool zurückziehen, der hoffentlich wenig mit Suppen gemeinsam hat.
Weitere Abenteuer stehen uns mit der dritten Alphacut-Welle bald bevor – demnächst auch hier.
Wie auch schon die vorhergehenden Veröffentlichungen auf Riotvan, hört man den Hang zum schwelgerischen Pop auch bei „Imaginary Solutions“ deutlich heraus. Das ist nicht weiter verwunderlich, ist Thomalla vor allem als Teil des Band-Projekts „The/Das“ bekannt, mit dem er sich irgendwo zwischen den Koordinaten House und Indie-Pop bewegt und gerade von Festival zu Festival hangelt.
Nach vergleichendem Hören geht mir allerdings Thomallas vorliegende Solo-EP besser rein. Vermutlich, weil es hier keine Vocals gibt und die Producer-Skills im Vordergrund stehen. Dabei fällt vor allem auf, wie organisch und auch musikalisch sich die fünf Tracks jeweils entfalten: Spielerisch werden mehrere Sound-Ebenen auf- und abgeschichtet, wodurch die Tracks nicht nur im DJ-Mix funktionieren, sondern auch auf der heimischen Anlage ansprechend bleiben. Dabei kreisen sie zumeist um einige Hauptelemente, die den roten Faden vorgeben. Und das klappt hervorragend.
Schon der Opener „Pataphysics“ schraubt sich mit einigen Acid-Verweisen, die aber nicht retro klingen, in euphorische Höhen. Als Bonus sorgen Steel-Drums für ein leicht tropisches Feeling.
„Hamam Hotness“ besticht dagegen durch wunderbar spacige Synths, die durch Echo-Effekte eine beeindruckende Tiefe erreichen. Fantastisch, wie Thomalla uns hier in andere Sphären zu katapultieren vermag.
Spannend auch der Detailreichtum in den Percussions bei „Hermitage (Full Beard Mix)“, die gleichzeitig auch melodisch eingesetzt sind. Harmonische Flächen vermeiden aber, dass der Track dadurch zu anstrengend wird.
Ähnlich clever funktioniert das Zusammenspiel auch in „Oh Sunday“. Wenngleich hier der Name des Tracks eine Untermalung der allgemeinen Sonntags-Müdigkeit verspricht, erinnert der Track eher an durch eine Überdosis Koffein angeregten Spontan-Aktivismus.
Als digitalen Bonus-Track gibt es noch den „Long Hair Mix“ von „Hermitage“, der sich nur im etwas DJ-freundlicherem Aufbau vom „Full Beard Mix“ unterscheidet.
Eigentlich eine logische Sache: Etablierte Party-Reihen gründen Labels und fördern Musik, die auf den eigenen Veranstaltungen gespielt wird, aber vielleicht keine andere Plattform findet. Setzt sich das Label auch überregional durch, ergibt das wiederum einen super Werbe-Effekt für die Veranstaltungen.
Noch einfacher wird es allerdings, die ganze Sache als etabliertes DJ-Duo zu starten. Dann erspart man sich den regelmäßigen Veranstaltungsstress. Dachten sich auch Manamana und senden nun die erste Mana All Nite in die Welt. Und die hat es in sich: Zwei absurd funkige Stücke von Jascha Hagen sind darauf zu finden.
„Pan That Shit Out“ beginnt mit einem langsamen Groove und mutiert – einige heruntergepitchte Schizo-Vocals später – zum epischen Disco-Killer mitsamt Gitarren-Licks und Breitband-Synths. Das ist so unverschämt funky, dass Jascha Hagen beim Produzieren wohl ein Dauergrinsen im Gesicht hatte. Auch „Afternoon Of A Faun“ dürfte ihm ebenso viel Spaß bereitet haben, anders kann ich mir die Tiergeräusche-Samples gleich in der ersten Minute nicht erklären. Dazu kommen dann verhalltes Synthie-Geschnatter, verspielte Orgel-Klimpereien und allseits beliebte Disco-Strings.
Zwei absolute Knaller also, die uns aus dem Deep-House-Tiefschlaf aufwecken. Was für ein Label-Start!
Duktus meldet sich zurück mit einer kleinen EP. Wie auch sein Beitrag zum OverDubClub-Sampler stellt er eine sonnige Lässigkeit in den Mittelpunkt, als würde er seine Sounds direkt von amerikanischen Westküste zu uns senden. Nun ja, da sich auch in unseren Breitengraden so langsam ein ernsthafter Sommer bemerkbar macht, passt der Name der EP glücklicherweise auch zur Grundstimmung der drei Tracks.
Wirklich verrückt: Mir kommt es vor, als würde Duktus den perfekten Sommerabend beschreiben. Egal, ob man im Cabrio oder zu Fuß zum nächsten Biergarten schlendert – der Opener „Get It“ eignet sich hervorragend, den ruhigeren Teil des Tages einzuläuten. „This Groove“ verweist dank seines leicht knarzigen Basses auf die Party-Vorfreude, die sich manchmal in den letzten hellen Stunden des Tages breitmacht. Zum Schluss befinden wir uns mit dem schnelleren „Tick Tick“ schon im nächtlichen Trubel zwischen Kneipe und Club. Fehlt eigentlich nur noch eine EP für den Morgen danach. Wie es wohl klingt, wenn Duktus Übernächtigung, Kopfschmerzen und verrauchte Klamotten als Inspiration dienen?
Auch auf der zweiten „Polka Dot EP“ gibt es zwei Stücke von Micronaut, welche – wie schon beim Vorgänger – durch den Remix-Wolf gedreht werden.
Der Hit der EP ist ganz klar „Close Up Picture“ und zeigt einmal mehr, dass die große Pop-Geste Micronauts Stärke ist. Natürlich muss man diese mögen, sonst kriegt man spätestens ab dem Drop Probleme mit den arg pathetischen Melodien. Dafür ist es hervorragend produziert und es verwundert nicht, dass Micronaut im allgemeinen Festival-Zirkus ganz gut dabei ist.
Im Kontrast dazu ist „Jet“ ein pumpendes Electro-Stück, dass einen ganz eigenen Drive entwickelt. Ziemlich verspult, aber auch funky.
Die drei Remixe sind noch ein Thema für sich. Der Helms-Remix von „Jet“ glättet die Verspultheit zugunsten eines überraschungsfreien Track-Aufbaus. Wohin Marquez Ill mit seiner Version desselben Titels möchte, ist mir noch weniger klar. Einzig Mooryc zeigt mit seiner Überarbeitung von „Close Up Picture“, dass das besser geht und rückt einige Elemente des Originals in den Mittelpunkt. Dass der Beat an Burial erinnert, ist bestimmt nicht die schlechteste Assoziation.
Es ist schon erstaunlich, wie man sich durch Musikrezensionen in Genres reinhören kann. Denn eigentlich ist House so gar nicht mein Metier. Das ist auch ein Grund, warum ich die EP von Axel Thoma & Efka vor mich hergeschoben habe – um dann umso überraschter zu sein.
Dabei beginnt die EP relativ trocken mit „Evergreen“ bis plötzlich ein funky eingespieltes Rhode-Piano einsetzt und zum Glück auch über die Länge hinweg uns erfreut. Obwohl es super zur sommerlichen Trägheit passt, bleibt das Stück vor allem durch den Bass Tanzflächen-tauglich.
Ähnlich geht es weiter mit „40 Degrees“: Keine Ahnung, wo die Vocals herkommen, aber sie erzählen uns – untermalt mit allerlei Dschungel-Gezwitscher – von der Stimmung auf einer tropischen Insel. He, bei mir im Dachgeschoss ist es zum Glück nicht 40° heiß, aber warm genug, dass das meine heimliche Longdrinkhymne werden könnte. Auch hier wieder ein schöner Jazz-Einfluss.
Der Titeltrack bekommt außerdem zwei Remixe geschenkt: Arsy aus Berlin ergänzt die Rhodes durch entrückte Synthesizer-Melodien und spielt etwas mehr mit den Drums. In der fünften Minute stolpern wir beim genaueren Hinhören über spaßige Hintergrund-Stimmen. Die „Eva-Green“-Bearbeitung von Label-Mate Sené Ceanes ist dann nochmal eine Ecke schräger und besitzt die spannendensten Drum-Samples der EP sowie zusätzliche Vocals-Schnipsel, cool eingesetzt.
Scheinbar gibt es in der House-Landschaft vermehrt ein Bedürfnis nach mehr Funk und Spaß. Ich glaube, dass tut der Musik gut.
Selten passt die Musik eines Labels so gut zu seinem Namen wie bei Rose Records. Irgendwie strahlt auch die siebte Veröffentlichung so eine wohlig-kuschelige Atmosphäre aus, dass nur unsanfte Holzklötze hier was zu kritisieren haben. Wahrscheinlich liegen sich alle verliebt in den Armen, wenn die beiden Tracks in der Open-Air-Saison zum Einsatz kommen. Oder so.
Beide Tracks sind von M.ono und Luvless zusammen produziert. Sowohl „Double You“ und „Happy Chap“ sind dabei eindeutige Hits, mit allen Zutaten, die die House-Küche zu bieten hat: Supersanfte Pads bei „Double You“, klassisches House-Piano und Strings bei „Happy Chap“, dazu warme Bässe und Vocal-Schnipsel, die man nicht weiter interpretieren muss. Auch die Drums sind wunderbar unmonoton arrangiert. Die beiden verstehen ihr Handwerk ausgezeichnet.
Ja, das ist schon alles wunderbar harmonisch, nur mir ist das etwas zuviel Glückseligkeit. Bei diesen Rosen fehlen eindeutig die Dornen.
Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wieviele lokale Musiker trotz jahrelanger Aktivitäten irgendwie der eigenen Wahrnehmung völlig entgangen sind. Zaquoir ist so ein Fall – obwohl seine Veröffentlichungen auf frohfroh gut dokumentiert sind. Nun gibt es einen weiteren Grund, seiner Musik Aufmerksamkeit zu schenken: Sein Debüt-Album ist erschienen.
Die zwölf Stücke auf „Asino Sardo“ laden dazu ein, die verspielte Seite der Electronica- und IDM-Welt wieder zu entdecken. Wir erinnern uns: Ganze Heerscharen von (nicht nur) Bedroom-Studio-Produzenten haben in den letzten Jahrzehnten einen Teil ihrer Lebenszeit vor den Computer-Monitoren verbracht, um den musikalischen Schock zu verarbeiten, der durch Produzenten wie Boards Of Canada oder Aphex Twin verursacht wurde. Obwohl sich die Sound-Forschungen vor allem auf technischer Seite auch auf andere Genres auswirkte, blieb Electronica in all seinen Formen eher eine Domäne von Musik-Nerds.
Vielleicht ist das der Grund, warum das Album von Zaquoir so interessant ist: Die Stücke entstanden über einen längeren Zeitraum hinweg, ohne auf offensichtliche musikalische Trends des letzten Jahrzehnts zu verweisen. Sie strahlen damit eine wunderbare Gelassenheit gegenüber gewissen Hype-Zyklen aus und passen durch ihre Leichtigkeit hervorragend zum anstehenden Sommer.
Ein Preview der Stücke könnt ihr euch ganz unten anhören. Dazu gibt es ein kleines Interview.
Cover-Artwork: Genaro Strobel
Im Vergleich zu deinen Beiträgen bei der „Polyrhythmic Series“ und beim „SVS Sampler“ wirken die Tracks auf „Asino Sardo“ eher wie Fragmente oder Skizzen. Was ist die Idee hinter dem Album?
Ich würde die Platte gar nicht so sehr mit den einzelnen Stücken auf SVS1 und Polyrhythmic Series vergleichen. Bei Asino Sardo war Platz für zwei ganze Seiten, davor waren es einzelne Tracks. Mir war wichtig, dass die Platte in sich stimmig ist und einen Bogen spannt, die Stücke ineinander fließen und insgesamt eine Geschichte erzählen. Da gibt es kaum Intros oder Outros bei den Stücken, und zum Teil habe ich die Stücke in der Playlist weiter produziert, damit sie noch mehr ineinander fließen.
Tatsächlich hat es echt viel ausgemacht, in welcher Reihenfolge die Tracks spielen, weil sie sich untereinander sehr beeinflussen. Es sollte außerdem egal sein, mit welcher Seite man zuerst anfängt, A und B sollen in sich funktionieren, aber auch nacheinander, egal wie rum. So ist es dann entstanden, vorher gab es ja schon eine andere Platte, eine 5 Track EP, die mehr für den Club produziert war. Dann wollten die Jungs vom Label ältere Sachen von mir hören und wir haben uns nochmal durch über 24 Stunden Material von 1998 bis 2014 durch gehört. So ist dann eine ganz andere Platte entstanden, die für sich steht.
Kannst du etwas zur Produktionsweise des Albums sagen?
Die Tracks sind aus einer Zeitspanne von 16 Jahren und ziemlich unterschiedlich produziert. Niu ist aus dem Jahre 1999 und da habe ich alle Samples selber über den Kopfhörer in den Computer aufgenommen und mit der EWS64 (erster Hardware-Sampler auf einer Soundkarte) und Cubase arrangiert. Dann sind zwei Stücke auf der B-Seite, die ich letztes Jahr komplett im Rechner mit Plug-Ins und Controllern produziert habe, also komplett digital. Die anderen Stücke sind eine Mischung aus Hardware-Synthesizer, Sampler, Drummachine, Mixer und FX. Die Samples auf der Platte habe ich selber aufgenommen und die Synth-Sounds selber programmiert.
A5 und A6 sind live am Mischpult arrangiert und danach editiert, vor allem in der Länge. A1, A2, A3 und A4 sind in MIDI arrangiert, außerhalb vom Rechner mit Hardware produziert, und dann direkt in Stereo im Rechner aufgenommen. B1 ist im Gegensatz dazu total digital produziert. Davon gab es ursprünglich eine längere Version, die am Ende „4 to the floor“ ist, aber es passte nicht so gut in den Kontext der Platte. Die A-Seite ist also „analoger“, die B-Seite digitaler.
Im ersten Track sind Klaviersounds, die ich bei einem Jam von Bernardo in Litauen aufgenommen und dann in den Sampler (S5000) geladen habe. Das war dann quasi das Rohmaterial, mit dem ich ein Patch gebaut habe, gelayert mit anderen Sounds. Damit habe ich dann die Melodie und die Akkorde eingespielt. Das war im weitesten Sinne eine Collab, wobei das Stück tonal nicht viel mit dem Original-Sounds zu tun hat.
Wenn wir schon bei Kollaborationen sind: Spielt die Leipziger Musik-Szene eine Rolle für dich?
In Leipzig hatte/habe ich verschiedene Kollaborationen, mit Free-Jazzern (Extremental mit mspiano, Bert the Juggler und Harry Wenke; ein Duo mit Fabian Niermann, grosshuber zusammen mit Florian Huber), Sessions mit Christian Walter (beim Vollmondorchester, auf der Rootsbase, im Studio), Kollaborationen mit Lukas Rabe („Tanz in den Mai“ auf SVS1, „Hallo Ester“ mit Gesang von Ji Seon Moon, viele Skizzen), war ein Jahr lang Synthie-FX und Sampler-Spieler bei Mud Mahaka mit schönen Gigs, habe 2,5 Jahre „Praktikum“ bei Neonlight gemacht (war zur Untermiete im Nebenzimmer) und verschiedene Film-Musik-Sounddesign-Projekte. Das sind alles gute Erfahrungen, die immer wieder neue Keime für neue Wurzeln mit sich bringen.
Haben die verschiedenen Aufnahmeorte einen Einfluss auf die Entstehung?
Ich finde, dass alles um einen herum Einfluss auf die Musik haben kann, auch der Ort, an dem die Musik entsteht. Das heißt nicht, dass man an einem ruhigen Ort ruhige Musik produzieren muss, sondern es kann einem vielleicht mehr Freiheit geben, etwas von dem Ort losgelöstes zu machen. Musik ist Phantasie, also braucht es einen Ort, an dem man das gut ausleben kann. Das andere sind die technischen Gegebenheiten, wie genügend Platz für das Equipment, Raumakustik, coole Nachbarn etc., das kann auch die Musik sehr beeinflussen, muss es aber nicht unbedingt.
Foto: Christoph Lehmann
Du sagst, dass das Material seit 1998 entstanden ist. Hast du schon davor angefangen zu produzieren? Besitzt du eine musikalische Vorbildung, hast du ein Instrument gelernt?
Im Jahre 1997 oder 1998 habe ich angefangen mit dem Produzieren, davor habe ich Trompete in der Blaskapelle gespielt, Gitarre bei den Pfadfindern, Chor in der Schule, Flöte im Kindergarten, und Klavier, weil wir eins zu Hause stehen hatten. Ich habe später auch noch bei zwei verschiedenen Lehrern klassischen Klavierunterricht genommen, da war ich aber auch schon parallel am produzieren. Damals auch mit einem Kumpel der Bass- und Gitarrenspieler war, und Drum and Bass und Jungle auflegte. Mit ihm hatte ich auch ein paar elektronische Partys organisiert, mit zwei Floors, der eine Drum and Bass, der andere Techno.
Dann war ich viel an den Wochenenden im Club tanzen – das ist auch eine gute Schule gewesen. Ansonsten habe ich einfach viel ausprobiert, viel auf Kassette aufgenommen, und die Handbücher der Geräte gelesen.
Gibt es bestimmte Musiker, die dich geprägt haben?
Mit 14 habe ich Beatles und Gitarrenmusik gehört, bevor ich zur elektronischen Musik kam. Namen hatten mir damals nichts gesagt, deswegen habe ich einfach die Sachen im Laden angehört und bin bei Cristian Vogel, Surgeon, 4hero und Goldie hängen geblieben und auch einigen anderen. Vielleicht auch interessant, dass ich von Anfang an verschiedene elektronische Musikstile nebeneinander gehört habe, u.a. dank Kassettenmitschnitten von Evosonic Radio und Partys mit mehreren Floors. In der Zeit von den Tracks A1, A2 und A4 habe ich viel Jazz und System of a Down gehört. A3 ist wahrscheinlich stark von Boards of Canada beeinflusst, und vielleicht ein ganz winzig kleines Stückchen von Ravel und Chick Corea.
Auch im Uptempo-Bereich bewegt sich einiges in der Stadt. Nicht nur neue Labels sind in Gründung, auch einige Producer etablieren sich zusehends. Zwei Veröffentlichungen aus dem April sollen hier nicht unerwähnt bleiben.
Das Label Junglelivity aus dem Ulan Bator-Umfeld ist inzwischen schon ein alter Hase. Drei neue Tracks gibt es auf der „Call Me EP“ und spiegeln durchaus den Sound der Crew: Strikt Dancefloor-orientiert und im Jungle verankert.
Der Titeltrack, produziert von Rolling Paper, ist ein reduziert-militärischer Stepper mit trockenen Vocal-Samples und knarzigen Bass. Könnte so direkt auch schon vor zehn Jahren produziert sein, wird aber durchaus gut einsetzbar sein. Etwas verspulter im Bass beginnt „Voices In My Head“ im VIP Remix von Bay B Kane, setzt dann auf den unverwüstlichen Amen-Break und fällt dann leider etwas ab. „Apollo“ von Bone Man versöhnt dann durch die Kombination aus schönen Drum-Work und souligen Einflüssen wie man es vielleicht von Labels wie Soul:R kennt.
Insgesamt sind mir die drei Stücke zu brav im Drum’n’Bass-Schema gefangen.
Auch von Wright & Bastard gab es eine neue digitale EP, diesmal auf dem Chemnitzer Label C Recordings. Dubbalot hat dazu bereits auf itysours eine Review geschrieben.
Im Kontrast zum Vorgänger fallen die vier Tracks deutlich dunkler aus und lassen die Hip Hop-Einflüsse beiseite – hier geht’s um Drum’n’Bass. Nur der Remix zu „Outside This World“ setzt sowohl im Tempo wie auch in den Sounds auf klassische Dubstep-Schwere. Schön, dass solche Tracks immer noch produziert werden.
Auch sehr reizvoll an dieser EP ist das Doppel „Light Grey“ und „Dark Grey“. Mit einem guten Ohr für’s Detail bieten beide Tracks clever arrangierte Drums und wirklich schön abgestimmte Sounds. Für den Dancefloor ist das vielleicht zu deep, dafür gibt es aber den etwas sturer durchmarschierenden Neurofunk-Remix von „Intense Pattern“. Tolle EP!
Manchmal tauchen in den Untiefen des Internets Beiträge auf, bei denen sich unwillkürlich die Frage stellt, warum man sie bisher nicht kannte. So geschehen aktuell mit zwei Texten des Musikers und Autoren Stefan Goldmann, die sich mit der Frage der Qualität und Durchsetzungskraft von Musik auseinandersetzen. Wir erinnern uns – dafür gibt es eine Offtopic-Reihe auf frohfroh, bei der der lokale Bezug eher lose vorhanden ist. Nerd-Talk und so.
Die Texte sind dabei zwar schon einige Jahre alt, aber immer noch aktuell. Auch wenn der eine oder andere Interessierte sie bereits kennt, möchte ich hier nochmal auf sie verweisen. Wie überall bleiben in Leipzig ansässige Künstler nicht vom sich schnell drehenden Hype-Zirkus verschont – sofern sie überhaupt in diesen hineingeraten. Vielleicht auch aus künstlerischer Sicht spannend.
Warum manche Künstler erfolgreich sind und warum deren Wege selten nachahmbar sind – diesen Fragen geht Stefan Goldmann auf den Grund. Aber das könnt ihr euch – mit etwas Zeit – selbst durchlesen (in Englisch):
Mit „Raw Basement House“ beginnt dann auch die nicht so ausführliche Beschreibung auf Bandcamp. Ja, und der macht Spaß. „Won’t You“ und „By Your Side“ sind beide auf die wesentlichen Elemente reduzierter Maschinen-Funk. Die Freude am roughen, analog klingenden Sound schimmert hier jede Sekunde durch. Im Mittelpunkt wieder Vocal-Samples, die so oder ähnlich schon tausend mal zu hören waren, aber immer wieder funktionieren. „Won’t You“ schiebt dabei unablässig, während sich in „By Your Side“ ein klassischer, eher düsterer Breakdown aufbaut. Bombe.
Verrückt, wie die Vergangenheit im House präsent ist. Aber im Gegensatz zum Acid-Revival oder zum Slow-Disco-Hype bezieht sich der Schweizer Gregory Dub mit „Rawstuff“ und „Nightlife“ eher auf die stampfigen 90er. Und ja, die Bassdrum ist damit gemeint. Dazu kommen klassische Vocal-Cut-Ups, obligatorische Stabs und ingesamt eine recht rohe Produktionsweise. Hier hat wohl jemand seine alten Musik-Kistchen entstaubt. „Nightlife“ hat dabei die funkigere Bassline. Ich kann mich nicht recht entscheiden: Einerseits sind beide Tracks unspektaktulär, andererseits sind sie souverän unaufgeregt.
Die drei Überarbeitungen könnten es im Vergleich auf dem Dancefloor leichter haben: Zu „Nightlife“ gesellt sich ein Groove-Riddim-Remix mit etwas eingängigeren Marimba-Melodien hinzu. „Rawstuff“ bekommt zwei zusätzliche Versionen: Der Blinds-Remix steckt das Original in ein Space-Disco-Gewand und ist in den Details schön verspielt – mein Favorit der EP. Lootbeg reduziert „Rawstuff“ dagegen auf wenige Elemente und baut den Spannungsbogen um treibende HiHats herum.
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