Various Artists „O*RS 2200“ (O*RS)

Der Newcomer-Push gehört bei O*RS fest zum Label-Konzept. Auf der neuen Compilation gibt es zwei neue zu hören.

Eine davon ist besonders erfreulich: Crooks + Lovers ist erstmals auf Vinyl und in einem Label-Kontext zu hören. Letztes Jahr war sie die große Entdeckung der frohfroh-Reihe „Neues aus der Wolke“.

Ihr minimalistisches, eingetrübt pulsierendes „Close“ schlummerte damals noch bei Soundcloud. Filburt war ebenfalls früh angetan und bekam das Stück nun für seine „O*RS 2200“-Compilation. Der Mittelpunkt für mich, weil es musikalisch aus den House-Linien des Labels herausfällt und hoffentlich den Anfang weiterer Veröffentlichungen markieren wird.

Auch Jan Ketel debütiert auf O*RS. Mit klassischem Deep House – Strings, ja, Piano klar, analoge Bassline, logisch. „Wrong Number“ schlendert unaufgeregt daher. Auch hier dürfte es nicht nur bei diesem Track bleiben in der Zukunft.

Thomas Scholz ist noch einmal im Mix von Rampue zu hören. Er gehörte neben Ranko zu den Entdeckungen von Filburts Label, die in den vergangenen Monaten eigene EPs bekamen.

Filburt selbst und Ron Deacon kommen auf „2200“ ebenfalls vor. Deacon wieder in seiner einerseits weit ausholenden, andererseits unberechenbar mäandernden House-Epik, ausgelebt über zehn Minuten.

Filburt schaut neben das Business: „Beside The Biz“ ist ein kleiner downbeat-geerdeter, poetisch verschleierter Analog-Synth-Track. Was für ein Glück, das Filburt O*RS gestartet hat.

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Simon Sunset „The Other Places“ (Esoulate Music)

Nach Sené Ceanes folgt auf Esoulate Music nun eine neue Simon Sunset-EP. Ein sehr gute.

Der klassische Deep House scheint bei Esoulate Music gerade mehr im Fokus zu stehen. Sené Ceanes war neulich mit warmen Rhodes-Chords zu hören, Simon Sunset legt mit angenehm trockenen Bassdrums und schlanken Arrangements nach. Weniger geschliffen als Ceanes, was den vier Tracks eine gewisse Patina verleiht.

Die große Chordes-Schwelgerei ist bei Simon Sunset nicht neu, der etwas angeraute Schliff aber schon. Mein Hit ist „Crossing Toiga“ mit seinen verschlungenen Sounds und der gut antiquierten Rhythmik.

„From Distance“ hätte auch auf eine frühe Delsin-Platte gepasst. Nach all der Zeit bekommt dieser Sound auf dieser EP sein einstiges Funkeln wieder.

Eine Ode an die Anfänge von House. Irgendwie sehr unnostalgisch und stimmig. Jeder Track bekommt auch ein eigenes Video – in ähnlicher Ästhetik.

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Map.ache „Leave & Keep“ (Kann Records)

Fast zwei Jahre liegt das Debüt-Album von Map.ache zurück. Mit „Leave & Keep“ ist er erstmals wieder mit einer vollen EP zu hören.

Einige Remixe liegen dazwischen, ein Betrag zur Record Store-Platte von Kann Records. Insofern ist die Freude am Wiederhören gut gewachsen. Und sie wird nicht enttäuscht. Die drei Stücke von „Leave & Keep“ verströmen jene wehmütige Verspieltheit und House-Entspanntheit, mit der Map.ache den Kann-Sound entscheidend mitgeprägt hat.

„Dunno“ kommt aber doch in ungewohnt klarer Techno-Manier daher. Super reduziert und geschärft, mit drückender Bassline. Hinten löst sich die Strenge dann in hell gleitenden Streichern zwar auf. Dennoch: was für ein Strom, zehn Minuten dauernd. Aber eigentlich könnte er auch endlos weiter ziehen. Einer meiner neuen Map.ache-Favoriten.

Mit „Nihilistic Vacation“ gibt es auf der EP ein ähnlich entschlacktes Stück, hymnischer allerdings. “The Yonder“ setzt dagegen den sich nach und nach aufbäumenden „Ulfo“-Sound fort und holt diese Kick-Platte von Map.ache wieder etwas zurück auf den Boden.

Wobei die Ausflüge mit „Dunno“ und „Nihilistic Vacation“ mehr als erfreulich sind.

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Festivalplatte – Gratwanderung

Am kommenden Wochenende findet wieder das Gratwanderung Festival statt. Auch in diesem Jahr wieder mit einer Platte.

Im Hinterland zwischen Leipzig, Chemnitz und Dresden (liegt nicht alles sächsische Hinterland genau in diesem Dreieck?) gibt es einen Steinbruch. In Möseln bei Colditz. Den bespielen ein paar Leute im Spätsommer mit einem kleinen, fein abgestimmten House-Line-up – Phillip Lauer etwa.

Seit letztem Jahr nehmen die Betreiber das Festival zum Anlass für eine Platte. Letztes Jahr war Juno6 dabei. Dieses Mal Filburt mit seinem basswarmen, angesoulten und zurückgelehnten „V Got It“.

Auf der anderen Seite der auf 100 Exemplare limitierten 7″-Auflage wird mehr zu fanfarenhaften, leicht naiven Synthies geschunkelt zu Back For Goods „Hinkepiepe“. Auf dem Festival gibt es die Platte. Wenn noch welche übrig bleiben, dann auch in ausgewählten Plattenläden.

Das Beste: 2 x 2 Tickets für das Festival verlosen wir. Schnell sein aber. Bitte bis morgen (Do, 11.9.), 11 Uhr eine Mail an dance @ frohfroh.de schicken. Mit dem Betreff „Gratwanderung“.

Die Verlosung ist durch, die Gewinner haben eine E-Mail erhalten.

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„Dub-Techno ist mehr als Hall und Delay“ – Marko Fürstenberg

Marko Fürstenberg ist zurück mit einem neuen Album – seinem zweiten erst. Grund genug, ihn zu einem Interview zu bitten.

Seit 2006 lebt Fürstenberg in Leipzig. Eigentlich kommt er aus dem westlichen Teil von Thüringen. Vor zehn Jahren gehörte er zu den musikalischen und personellen Aushängeschildern der damals hoch spannenden Netlabel-Szene.

Doch er emanzipierte sich von den unkommerziellen Szene-Dogmen und veröffentlichte bald auch auf Vinyl-Labels wie Ornaments, Rotary Cocktail Recordings, A.r.t.l.e.s.s. und Echochord. Als Live-Act spielte er von Amsterdam bis Tokio, vom Westwerk bis Detroit.

Warum es elf Jahre dauerte bis sein neues Album „Ghosts From The Past“ erschien und wie er heute zur Netlabel-Szene steht, erklärt er im frohfroh-Interview.


Elf Jahre sind seit deinem Debüt-Album vergangen, dazwischen liegen über ein Dutzend EPs – gab es einen bestimmten Anlass, sich wieder auf ein größeres Werk zu konzentrieren?

Ich habe bereits seit Jahren mit dem Gedanken gespielt, ein neues Album zu produzieren. Es fehlte jedoch irgendwie der Anlass und der sogenannte rote Faden. Es gab immer wieder neue Anfragen, ob nun EPs oder Remixes, die mich neben meinem Job zeitlich doch recht stark in Anspruch nahmen.

Von daher war es nicht gerade einfach, am Album-Konzept festzuhalten. Ich veröffentlichte dann mal hier mal da eine EP und war zufrieden, aber letztendlich habe ich mich dann doch darauf festgelegt und es, wenn auch über lange Zeit, verwirklichen können.

Hattest du eine bestimmte Richtung, ein verbindendes Element für „Ghosts From The Past“ im Hinterkopf?

Ja, ich wollte die neue Lebenssituation als Vater verarbeiten. Das beinhaltete sowohl echte, greifbare Dinge wie Field-Recording als auch die emotionale Umsetzung.

Hat die neue Lebenssituation deine Art des Produzierens verändert? In einem Fever Ray-Interview mochte ich das Bild, wie die kurzen Nächte nach der Geburt ihres Kindes das Produzieren ihres ersten Album beeinflusste: durch die permanente Übermüdung gab es wohl halb schlaftrunkene Momente in denen Sachen entstanden, die sie später kaum nachvollziehen konnte. Gab es so etwas bei dir auch?

Schlafentzug kenne ich zur Genüge von meinen zahlreichen Touren durch die Clubs. Oft waren die Reisezeiten lang und früh und es gab kaum wirklich erholsamen Schlaf. Diese Situationen sind bezogen auf meine Produktionen nichts Neues.

Die Art und Weise des Produzierens hat sich auf jeden Fall stark verändert. Oft gibt es ein Zeitfenster von nur ein bis zwei Stunden. Da muss man sich wirklich voll konzentrieren, um produktiv zu arbeiten. Die Zeiten des stundenlangen Ausprobierens sind leider vorbei.

Was sind die Geister aus der Vergangenheit? Etwas Nostalgisches oder Aufzuarbeitendes?

Mit dem Album wollte ich ein „altes Leben“ hinter mir lassen und den Wandel in ein neues Laben beschreiben. Deshalb die Geister der Vergangenheit, weil man die Vergangenheit nicht einfach hinter sich lassen kann.

Vieles hat sich über die Jahre eingeschliffen und muss durch den Lebenswandel als Familienvater komplett neu entdeckt bzw. wiedererlernt werden.„Ghosts From The Past“ klingt geschliffener, ausgewogener – wie lange hast du daran gearbeitet?

Begonnen habe ich 2010 mit einigen Aufnahmen, die ich mit dem Field-Recorder gemacht habe. Ich sammelte Eindrücke und setzte mich dann einfach hin und verarbeitete diese. Einige Tracks sind das Ergebnis aus zahlreichen Edits, was dann vom Start bis zum fertigen Track auch mal einige Monate dauerte.

Andere Tracks waren wirklich in einem Take fertig, was dann von der Idee bis zum fertigen Track nur wenige Stunden dauerte. Es kam oft auf das Zeitfenster an, das mir zur Verfügung stand, aber es gab auch Tracks, die aus kurzen Skizzen entstanden, die ich irgendwo unterwegs aufgenommen habe und die sich über die Jahre ansammelten.

Zu Ornaments / Rotary Cocktail Recordings bestehen scheinbar die direktesten Verbindungen. „Gesamtlaufzeit“ wurde dort wiederveröffentlicht, nun das neue Album – ihr kennt euch noch aus Thüringen, oder?

Ja, wir kennen uns seit circa 2003, wo wir uns im thüringischen Eichsfeld kennenlernten. Damals war an noch kein Label zu denken. Uns verband einfach die Liebe zur Musik. Jahre später kam dann die Idee: „Wir wollen einne Platte machen, haste Bock?“ So ging das mit Rotary Cocktail los – das war glaube ich 2005.

Dub-Techno an sich trägt ja etwas enorm Zeitloses und eine große Deepness in sich – irgendwann war mir das immerzu Mäandernde aber zu einlullend. Hattest du in den ganzen Jahren einen Punkt des Überdrusses, was den Dub-Techno-Sound angeht?

Diese Frage bekomme ich immer wieder gestellt – und ich habe keine Antwort darauf. Es ist doch nicht nur beim Dub-Techno so, dass es immer wieder Ähnlichkeiten und gleiche Muster gibt. Das selbe kann man doch in jedem anderen Genre beobachten.

Für mich ist Dub-Techno mehr als Hall und Delay in klassischer Basic Channel-Manier, aber das sollte jedem Hörer meiner Musik bereits klar sein. Es gab und gibt immer neue und sehr interessante Spielarten der deepen und dubbigen Seite des Techno.

Wen sollte man aus dem Genre derzeit unbedingt noch im Ohr behalten?

Da gibt es einige, ich mag zur Zeit besonders Leonel Castillo, Yagya und Havantepe.

Vor zehn Jahren warst du fest in der Netlabel-Szene verankert – verfolgst du die heutigen Net-Label-Entwicklungen?

Nach den „großen“ Jahren der Netlabels hat sich um 2005 herum ein gewisser Overkill eingestellt. Tausende neue Netlabels überfluteten die Hörerschaft.
Es kam dadurch meiner Meinung nach zu einer Selbstzerstörung der Szene, aus der viel hätte werden können.

Einige Netlabels versuchten alternative Finanzierungsformen durch kostenpflichtige Releases anzubieten, was dann letztendlich den Untergang der Szene und des Modells Netlabel einleitete. Möglicherweise waren die Netlabels ein Vorreiter der jetzigen Release-Kultur, welche ja zum Großteil auch nur noch digital ist.

Seitdem ich auf Vinyl release, habe ich keine direkte Verbindung mehr zu Netlabels. Vor allem, weil diese Szene immer in sich geschlossen schien und kaum in die „kommerzielle“ Welt vordrang, was auch die Karrierechancen als Künstler beschränkte.

Deine Live-Sets haben immer eine große Energie vermittelt – wird man dich demnächst wieder öfter live erleben?

Da wir kürzlich zum zweiten mal Zuwachs bekommen haben, werde ich aus Zeitgründen nur noch ausgewählte Gigs annehmen. Aber es wird definitiv weiter gehen, nur nicht in so großer Regelmäßigkeit wie noch vor einiger Zeit.

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Marko Fürstenberg „Ghosts From The Past“ (Ornaments)

Elf Jahre sind seit „Gesamtlaufzeit“, dem ersten Album von Marko Fürstenberg vergangen. Die Erwartungen sind nicht gerade klein gewesen.

Dub-Techno hat seit seiner letzten Renaissance vor etwa fünf Jahren etwas an seinem Reiz verloren. Wobei: nicht unbedingt musikalisch, eher weil sich ein gewisser Konservatismus bei vielen Veröffentlichungen breit machte. Dabei hat das Genre vieles, was zu einem im besten Sinne zeitlosen Sound nötig ist. Eine gewisse schwermütige Ausgeglichenheit, amorphe und deepe Sounds sowie ein breites Impulslevel zwischen rough und super elegisch.

Marko Fürstenberg hat natürlich nicht elf Jahre gebraucht, um „Ghosts From The Past“ zu produzieren. Eine Menge EPs und unzählige Live-Gigs in der ganzen Welt liegen dazwischen. Manchmal war mir gar nicht so bewusst, welch einen Stellenwert der gebürtige Eichsfelder in der Dub-Techno-Szene über all die Jahre stabil halten konnte. Obwohl er in den vergangenen Jahren seltener live zu erleben war – sein erstes Kind hat viele Veränderungen mit sich gebracht, wie er im frohfroh-Interview erklärt.

Mit „Ghosts From The Past“ wird sein Status aber mehr als deutlich. Die Erstauflage auf dem Berliner Label Ornaments ist bereits ausverkauft. Musikalisch offenbart das zweite Album den über viele Jahre gereiften Feinsinn für dubbige Sounds und unterschiedlich temperierte Beats. Die Stücke klingen ausgewogener, geschliffener. Sie drücken weniger, ohne die klangliche Fülle aufzugeben.

Da ist sie wieder: die faszinierende Zeitlosigkeit von dubbigem Techno. Dunkel eingefärbt, mäandernd und dicht arrangiert. „Ghosts From The Past“ macht nicht unbedingt wieder Lust auf mehr Dub-Techno. Es zeigt aber, was für ein Potential nach wie vor in diesem Sound steckt. „AMB I“ ist mein Hit – wegen der reduzierten und ausgeglichenen Deepness. Dezent schiebendes Understatement.

Auch die Interludes „Piano“ und „Heartbeat“ bleiben übrigens im Hinterkopf. „Woahhh“ macht am deutlichsten die Einflüsse seiner Vaterschaft hörbar. Klötzchensounds und Field Recordings aus dem Kinderzimmer – alles ganz beiläufig, nicht platt. Trotz des konzeptionellen Überbaus, nach dem das Album genau diese neue Lebensphase aufgreifen möchte. Das familiäre Gesamtwerk rundet seine Frau ab, die beim Artwork mit beteiligt war.

Vorhören geht aktuell bei der Groove oder hier bei Soundcloud.

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A Forest „The Shepherd“ / „Remixes“

Gut einen Monat dauert es noch, bis mit „Grace“ das neue Album von A Forest erscheint. Zur ersten Single ist ein Video entstanden, zu „Surfaces“ Remixe.

„The Shepherd“ war Anfang des Jahres bereits als Skizze zu hören. Jetzt ist der Song die erste Single zum neuen Album – der reduzierte HipHop-Appeal ist dabei leider abhanden gekommen. Dafür aber vieles gutes hinzugekommen. Im Analogsoul-Business bringt eine Single natürlich ein Video mit sich. Hier ist es.

Ebenfalls ein Resultat einer im Frühjahr gestarteten Aktion sind die fünf Remixe zu „Surfaces“. Ein spannungsgeladenes Cover von Earnest And Without You ist dabei. Bei Analogsoul haben die Berliner gerade ihr Debüt-Album veröffentlicht. Ansonsten wieder eine herrlich entrückte und stolpernde House-Bearbeitung von Tilmann Jarmer. Sehr rough und schwelgerisch zugleich.

Compost-Act Philipp Stoya pumpt warme Deepness zwischen die Vocals, steigert sich nach hinten raus aber fast einen Tick zu ravig. Mit mehr Understatement und Spielerei geht Matthias Fiedler heran. Und schließlich noch eine leichte und doch schwer schleppende und elegische Version von Shishigami.

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Falke in der Kretscham Hall

Eigentlich steht die neue Map.ache-EP auf Kann Records an. Doch Falke hat am Wochenende spontan ein 30-minütiges Video mit neuen Tracks rumgeschickt.

Vertont wird der Einstieg in ein altes leerstehendes DDR-Hotel namens „Kretscham“. Zwischen lauter Scherbenhaufen entdecken die Kameraleute altes Inventar, einen runtergekommenen Ballsaal, testen die Tragfähigkeit bevor sie weitergehen.

Falke geht durchaus dramaturgisch auf die Bewegungen und Bilder ein. In seinem mit Patina versehenen Detroit-Sound. DDR-House hatte Sevensol ja mal gesagt. Mit diesem Film auf ein weiteres Mal passend. Und nebenbei eine weitere Soundtrack-Facette.

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Neues aus der Wolke – Saepteg

Die Neues aus der Wolke-Reihe ist etwas ins Stocken geraten. Vielleicht weil die Zeit fehlt. Oder die großen Flashs ausbleiben. Saepteg fiel aber auf.

Und zwar mit sehr entschlackten – fast schon simplen – Micro-House-Tracks, die aber in der Reduktion ein tief sitzendes Gefühl für stille Harmonien aufdecken. Mit Bands ist der gebürtige Wolfener musikalisch sozialisiert worden. Es folgten Ausflüge allein und eine im Mai via Bandcamp veröffentlichte EP mit drei zurückhaltenden Stücken. Es geht wohl mehr um das Hören als um den Dancefloor. Mit den angeteasten Mitteln des Dancefloors. Wie Wie es zu all dem kam, erklärt er selbst im Wolke-Interview.

Woher kommst du – lokal und künstlerisch?

Lokale mit der künstlerische Herkunft stehen bei mir durchaus in einem engen Zusammenhang. Noch bevor ich ein Instrument spielen konnte, habe ich mir mit rund 14 Jahren zwei Plattenspieler und einen Mixer gekauft. Ein solches Hobby war aber in der sachsen-anhaltinischen Einöde, aus der ich komme, doch sehr speziell.

An Platten war relativ schwer zu kommen, da man zu der Zeit noch sehr auf einen regionalen Laden angewiesen war. Es fehlten dann auch die finanziellen Möglichkeiten, so dass ich mich nach einer Weile einem Instrument „nach klassischer Ansicht“ zuwandte. Erst der Gitarre, dann dem Bass. Auch im Freundeskreis wurde eher gitarrenlastige Musik gehört und es war wohl auch „cooler“ in einer Band zu spielen.

Mit meiner ersten Band folgten dann Auftritte zu Keipennächten – mit mir als Bassisten. Alles relativ ahnungslos, aber mit viel Spaß und autodidaktischen Anspruch. Zum Zivildienst zog ich nach Leipzig und es folgten neue Bandprojekte – meine heutige Band heißt Trouble In Mind. Uns geht es um einen neuen Sound, ganz frei von typischen Liedstrukturen. In Leipzig spielte das Instrument nicht mehr die größte Rolle, sondern die Suche nach einem neuen Sound. Ich entdeckte den Synthesizer und begann wieder mit relativer Ahnungslosigkeit.

Mein erster Synthie war ein Microkorg. Irgendwann vor vier Jahren gründete ich dann mein eigenes Projekt. Die Band hatte nicht immer so Zeit wie ich mir das wünschte und Synthesizer haben einfach immer Bock Musik zu machen, wenn man es selber auch hat. Wie ein kleines Orchester, das man bedient. Der Schaffensprozess ist in dem eigenen Projekt ein ganz anderer als mit der Band.

Man ist für jeden Ton selbst verantwortlich und muss oder versucht die Kreativität einer ganzen Gruppe abzubilden im Vergleich zu einer Band. Ich mag beide Arten und beide haben Vor- und Nachteile. Darum möchte ich einmal für die nötige Abwechslung und dann wieder wegen der menschlichen Zusammenarbeit in der Band nicht auf eine der beiden Arten des Schaffensprozesses verzichten.

Was flasht dich musikalisch?

Das sind auf jeden Fall Live-Acts. Ich mag es zu sehen was passiert und die Veränderungen eines Klanges auch visuell verfolgen zu können. Das gleiche gilt ja für das Auflegen mit Vinyl. Die Musik muss dann nicht zwingend zum Tanzen animieren damit sie gut ist.

Momentan bin ich schon ein Fan von elektronischen Acts mit einem hohen Live-Anteil in ihren Sets. In Leipzig machen das Webermichelson oder Mix Mup sehr gut. Auf das Live-Spielen bezogen mag ich aber auch Brandt Brauer Frick, Burnt Friedman & Jaki Liebezeit, Hauschka und Sven Kacirek.Wo willst du mit deiner Musik hin?

Wo die Musik dann am Ende gehört wird, kann man nur zum Teil selbst beeinflussen. Das müssen dann wahrscheinlich auch andere beurteilen. Ich will jetzt keinen Track machen, wo ich schon daran denken muss, das er sich an jenem oder diesen Ort gut anhören soll. Am Ende könnte ich ihn dann nicht so machen, wie ich wollte und würde mir selbst Restriktionen auferlegen.

Dass man möglicherweise einen Ort vor dem inneren Auge hat, ist was anderes und sehe ich eher als Leitfaden. Dieser Ort in der Vorstellung entsteht meist auch beim Erschaffen des Songs beiläufig. Um sich die größtmögliche Freiheit zu bewahren, ist die Bezeichnung „intensives Hobby“ wohl zunächst die Beste.

Wenn die Musik dann an den unterschiedlichsten Orten gehört wird, ist das natürlich schön. Wenn man sich nach seinen Vorstellungen verwirklicht, sehe ich aber nicht, wo der Begriff Hobby endet oder anfängt – man macht es dann einfach. In Richtung Live-Act würde ich langfristig gern gehen.

Dein größter Soundcloud Hit?

Das ist bisher „Auf Vier Pfoten“, was ich eigentlich verwunderlich finde, da es das erste Lied war, das ich veröffentlicht habe. Da war mein technischer Erfahrungsschatz und meine Fertigkeiten noch nicht so weit entwickelt.

Dein persönlich größter Hit?

Eigentlich ist es schwierig, das so festzulegen, weil es von den Maßstäben abhängt, die man anlegt. Und die anderen Lieder aus verschiedenen Perspektiven gesehen auch ihre schönen Stellen haben und aus der Reihe fallen. Müsste ich mich festlegen, würde ich sagen, dass es „Leipzig“ ist.

Ich selbst finde es relativ bombastisch, vielschichtig, raumeinnehmend, tiefgründig, harmonisch und melodiös. Vielleicht habe ich es auch deswegen „Leipzig“ genannt, weil es mir von den Orten am meisten bedeutet. Ich finde jedoch nicht, dass jedes Lied so oder so ähnlich klingen sollte, eigentlich möchte ich noch woanders hin.

Was kommt demnächst von dir?

Zunächst soll am Ende des Jahres noch eine EP meiner eigenen Band kommen und vorher sicher nichts neues von meinem Soloprojekt, obwohl ich auch parallel schon wieder am Produzieren neuer Tracks bin. Vor kurzem kam ja auch erst die „Places EP“. Bis jetzt war es so, das noch jedes neu entstandene Lied eine Weiterentwicklung war in der Arbeitsweise oder den Produktionsmitteln. So gesehen befinde ich mich auf einer Entdeckungsreise und sehe noch viele Möglichkeiten und spannende Richtungen zur Weiterentwicklung.

Saepteg Soundcloud
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Chris Medleigh „X Cluding The Shapes“ (Resistant Mindz/Dia)

Album Nummer 2 – Chris Medleigh legt zweieinhalb Jahre nach dem Debüt ein weiteres Album vor. Wieder mit viel verspieltem Eigensinn.

Komisch, dass Chris Medleigh nicht schon längst präsenter ist. In der Stadt. Darüber hinaus. Seine Stücke zelebrieren die simple Freude und Leichtigkeit auf so angenehm verschachtelte Weise zwischen HipHop, Electronica und Pop, dass da doch mehr gehen sollte.

Für das zweite Album „X Cluding The Shapes“ bündeln Resistant Mindz und das Analogsoul-Sublabel Dia ihre Netzwerke. Sicher auch, weil Chris Medleigh eben diese kleinen Schwellen zwischen den Genres mühelos überwindet. Ohne Koketterie und ohne Krampf.

Statt der 16 Stücke beim Debüt konzentriert sich Medleigh dieses Mal auf lediglich  neun. Ein guter Fokus auf das, was seinen Sound ausmacht. Instrumental ausformuliert und mit einem undogmatischen Experimentierfreiraum einerseits, mit Gast-Rappern und Sängern in den Pop gehievt andererseits.

Soundtechnisch hat sich einiges getan, so kommt es mir vor. Viel direkter und klarer klingen die Stücke. Damit auch die fein justierten Samples, die holprigen Beat-Arrangements und der verwunschen-entrückte Funk zwischen den vielen Tönen. Ein Album zur Entschleunigung.

Chris Medleigh Website
Resistant Mindz Website
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Soundtrack Soundtrack

Noch steht bei frohfroh die Aufarbeitung der im Sommer liegengebliebenen Themen an. Eines davon ist speziell – im Juli erschienen nämlich zwei Soundtracks. Von Neonlight, Wintermute und Clemens Ruh.

Filme und Spiele zu vertonen dürfte für nicht wenige Musiker einen gewissen Reiz ausüben. Stimmungen und Emotionen pushen, vielleicht auch bewusst gegensteuern. Auf die Sequenzen hin arbeiten. Je nach Leinwandgröße übersteigern sich Soundtracks allerdings oft auch im Pathos und Überzeichnen.

Neonlight und Wintermute betreiben mit Leed:Audio ein eigenes Studio, das mit elektronischen und orchestralen Mitteln Filme und Computerspiele vertont oder Marken zu einem Sound-Signet verhilft.

Dabei entstehen nicht nur binaurale Beats, die mit unterschiedlichen Stereo-Frequenzen bei Nachtfahrten wach halten sollen, sondern auch der Soundtrack für das Puzzle-Plattformerspiel „Schein“.

Leed:Audio greifen die nächtliche Atmosphäre auf, in der ein verzweifelter Mann seinen verlorenen Sohn sucht und von einem mysteriösen Irrlicht geleitet wird. Spooky. Düster. Orchestral. Teilweise auch fragmentarisch. Neunzehn Stücke umfasst der Soundtrack, den Leed:Audio via Bandcamp auch unabhängig vom Spiel anbieten.

Einen Film gab es für Clemens Ruh nicht als Vorlage. Vielmehr will er mit seinem Soundtrack „Breathe“ Filmemacher für bestimmte Szenen und Stimmungen inspirieren. Ob das in die Richtung überhaupt geht? Große Leinwände hat Ruh – übrigens der erste der „Neues aus der Wolke“-Reihe – wohl im Hinterkopf gehabt.

Ebenfalls orchestral, in Ansätzen und Zwischentönen schimmert ein Sound und Geist des Elektronischen hervor. Da ergeben sich einige gute Momente. Und dann jedoch auch wieder der totale Overkill. Wahnsinn aber, was für kompositorische Skills Clemens Ruh da aber auffährt. Im Eigenvertrieb hat er „Breathe“ digital veröffentlicht.

Leed:Audio Website
Clemens Ruh Facebook

QY „Too Late EP“ (Roundabout Sounds)

Die Sommerplatten-Übersicht von neulich konnte natürlich nicht vollständig sein. QY fehlten beispielsweise.

Okay, QY sind doch aus Leipzig. Mit dem Debüt auf Ortloff war das noch offen gelassen. Wer genau dahinter steckt, bleibt auch weiterhin eher im Dunkeln. Wohl dadurch ist nicht nur der Compilation-Beitrag auf Blank Slate im letzten Jahr bei frohfroh untergegangen, sondern beinahe auch die neue hier auf dem kalifornischen Label Roundabout Sounds.

Der Sound hat sich gewandelt. Weg vom stromlinienförmigen, durchaus im Dub ruhenden House hin zu einer deutlich deeperen Seite. Wärmende Chords, tänzelde Beats – da ist im QY-Studio im Leipziger Westen wohl mehr Sonne als sonst reingekommen.

Wobei es auf dem Debüt mit „Brazz“ ein ähnlich deeper Track zu hören war. Die vier Stücke der „Too Late EP“ bilden jedoch einen in sich geschlossenen Block. Schnörkellos, klassisch, im besten Sinne ausbalanciert zwischen offensiveren und introvertierten House-Momenten.

„Bianco“ nimmt sich schließlich der Umarmung von Deep House und Dub Techno an, was auch schlüssig klappt. Tatsächlich eine weitere Sommerplatte.

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