Touch my inner flower

September / KW 36 Audiovisuelle Flora im Gewandhaus Leipzig

Partyname:Touch my inner flower
Zeit:10.09.2021, Einlass 18:30 Uhr / Beginn 19:00 Uhr
Location:Mendelssohn-Saal / Gewandhaus Leipzig
Acts:[re:so]~kollektiv
Tickets und weitere Infos auf: www.wasistwert.info

Am 10.09.2021 werden Pflanzen und einige der Gartenblumen und Stauden des Klostergartens Posa den Mendelssohn-Saal des Gewandhauses zu Leipzig nicht nur schmücken, sondern auch von Menschenhand bespielt und hörbar gemacht. Die letztes Jahr im Garten des Klosters uraufgeführte Klangperformance wird unter dem Namen »Touch my inner flower« ab 19 Uhr Resonanzen zwischen Menschen, Maschinen, Pflanzen und Instrumenten erzeugen.

Die interdisziplinär-experimentelle Performance bezieht dabei ihre künstlerischen Kräfte aus dem Jahr der Isolation, als Folge der Coronapandemie und baut die Erfahrungen in die Klangperformance ein.

Das Tabu der körperlichen Berührung ist in Zeiten von Corona zu einem Sinnbild des Fehlens von resonanten Wechselspielen untereinander geworden.

Berührungen zwischen Körpern und Pflanzen werden hier über elektronische Modulierungen hörbar gemacht und resultieren im Zusammenspiel mit analogen Instrumenten zu einer, sich immer wieder neu entfaltenden Klangformung. Dabei werden Dialoge aus Musik, Tanz, Performance, Videoinstallation, Licht und Projektionskunst die Zuschauer:innen auf eine gemeinsame Erfahrungsreise mit allen Sinnen einladen.

Eine Veranstaltung des [re:so]~kollektivs in Kooperation mit dem WERT Kollektiv.


Cedits:
Arian Hagen Klavier, Esther Karlson Violine, Henrik Baumgarten Klarinette, Philipp Franke Synthesizer, Vivian Hilbig Bassflöte, Valentin Tornow Schlagzeug, Hannah Pauline Mühlfeldner & Jessica Klose Performance, Jörg Röder Tanz, Alexander Range & Julia Burja Videoproduktion/ Installation, Ester Kamüller Gesang, Maxim M. Chubarov Kraszavin Konzeptkunst/Projektion/Dokumentation, WERT Kollektiv & Benjamin Weber Multimedia-Artist/Projektion/Kamera, WERT Kollektiv & Mariann Mede Floralkunst, Lisa Ludwig Berührung, Ella Voss Begrüßung, Verena Fischer Dramaturgie, Johannes Uhl Ton/Technik

Long Range Tracking – Deep in the Drake Passage

September / KW 36 Immersive und audiovisuelle Installation von Víctor Mazón Gardoqui.

Partyname:Long Range Tracking – Deep in the Drake Passage
Zeit:10.09.2021
Location:ZiMMT
Act:Víctor Mazón Gardoqui
Infos zur Teilnahme auf zimmt.net

Die Arbeit stellt die Akustik der marinen, wissenschaftlichen und militärischen Ökosysteme der Unterwasserwelt in der südlichen Region der Erde gegenüber.

Ein Wirkungsbereich, der durch eine immersive Mehrkanalkomposition artikuliert wird, mit Hilfe von Schallquellen, die von militärischen, wissenschaftlichen und selbstgebauten Geräten auf der Route von Punta Arenas in die Antarktis an Bord des Militärschiffs Aquiles XXI über einen Zeitraum von 32 Tagen aufgenommen wurden.

Das Stück verbindet anthropogene und geogene akustische Phänomene, die Wechselwirkung mechanischer und elektromagnetischer Wellen in einer vertikalen Achse, die von Satellitennavigationssystemen bis hin zu Sonarbrechungen in den Tiefen der Drake Passage reicht. Ein Ort, an dem drei Kontinentalplatten und drei Ozeane zusammenlaufen, und somit einer der gefährlichsten und mächtigsten Orte auf unserem Planeten.

Die Ausstellung von Víctor Mazón Gardoqui läuft noch bis zum 19.09.2021 im Zentrum für immersive Medienkunst, Musik und Technologie: ZiMMT.


Cedits:
Foto: Víctor Mazón Gardoqui

RESONANZ in der Spinnerei #jahrderresonanz

September / KW 36 Wann hörst du? Wann siehst du?

Partyname:RESONANZ in der Spinnerei #jahrderresonanz
Zeit:09.09.2021, 19:45 Uhr Einlass / 20:00 Uhr Beginn
Location:Werkschauhalle Spinnerei
Acts:Merlin Rainer (Malerei), Denis Cvetkovic (Performance), Hakim Azmi (Sound)

Spätestens seit John Cage auf die Bühne der modernen Komposition getreten ist, stand eines fest:

die Musik hört niemals auf, nur, wann wir ihr zuhören bestimmen wir.

Bei der Malerei verhält es sich ähnlich. Der Zeitraum, in dem wir uns einem Motiv annähern, ist begrenzt, obgleich wir permanent von Bildern umgeben sind.
Was genau verleitet uns jedoch dazu, diesem Ton zuzuhören, diesen Strich übers Papier zu ziehen und den anderen nicht? Dieser Frage versuchen wir, mit der multimediale Performance „Resonanz“ nach zu gehen. In einem Dreieck aus Tanz, Sound und Malerei begeben wir uns auf die Suche, nach Schnittstellen und Impulsen, die uns veranlassen das Eine aufzunehmen und das Andere nicht.

Eine Performance im Rahmen von #jahrderresonanz von WERT.

Unmut im mjut – ein Zwischenstand

Das ehemalige Awareness-Team des mjut hat in einem Blog mehrere Vorwürfe gegen den Club erhoben. Wir haben unter anderem ein Interview mit den Autor:innen des Blogs geführt.

Nachtrag unten (22. September 2021)

Timeline

Am 23. Februar erscheint auf Instagram der erste Post von @nicht__schweigen, einem Account, hinter dem ein Teil des ehemaligen Awareness-Teams aus dem mjut steht. Eine Woche zuvor, am 16. Februar, wurde bereits ein Blog ins Leben gerufen – nichtschweigen.noblogs.org. „Wir schreien auf“ lautet der Titel des ersten Beitrags.

„Wir, das ist ein Teil eines ehemaligen Mjut-Awarenessteams,“ schreiben Nicht Schweigen im ersten Satz. „Wir haben ein Jahr lang geschwiegen, warum wir den Club verlassen haben. […] Jetzt aber hat sich das Mjut zu ‚Seximus in der Clubkultur‘ geäußert  – mit einem Statement, das wir so nicht stehen lassen können.“ Nachdem ein Beitrag des mjut am 09. Februar zu unserer „Täter an den Decks“-Recherche in den Augen des ehemaligen mjut-Awareness-Teams das Fass zum Überlaufen bringt, folgt eine Reihe von Beiträgen und Vorwürfen. 

„Im Februar 2020 wurde ein Mitglied unseres Teams ‚gekündigt‘ – in Anführungszeichen, weil eine Kündigung ohne Arbeitsvertrag und ohne Kooperationsvereinbarung schlecht möglich ist – als einziges Mitglied, als einzige trans Person im Team,“ schreibt die Gruppe in ihrem ersten Text. „Ideale vertragen sich nicht mit der harten Realität eines Clubs – haben wir gelernt. Eine Awareness-Person pro Schicht für den ganzen Club, eine Ecke im Keller hinter einem Vorhang als Rückzugsort,“ steht in „Awareness trifft Burnout II“ geschrieben. In ihren Texten greifen die Nicht Schweigen-Autor:innen aber nicht nur konkrete Erlebnisse aus ihrer Zeit im mjut auf, sondern bringen regelmäßig strukturelle Einordnungen mit unter. Auch auf diesem Blog wird also Awareness-Arbeit betrieben: Im zweiten Text namens „Misogynie – die ‚Frau‘ ist schuld“ erfolgt beispielsweise eine Einordnung zu Kommunikation, Macht und Misogynie. In weiteren Texten wird die Awareness-Arbeit selbst thematisiert.

Anschließend werden mehrere Posts, verteilt über mehrere Wochen im März und April, veröffentlicht. In den Content Notes und Trigger Warnings sind folgende Stichwörter zu lesen: Sexismus, Transfeindlichkeit, Neoliberale Ausbeutung, Misogynie, Tone Policing, Burnout, Ausbeutung, Diskriminierung und Awareness. Bis heute sind insgesamt sechs Instagram-Posts, beziehungsweise sechs Blogposts veröffentlicht wurden. Der Nicht Schweigen-Instagram-Account hat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels 214 Follower:innen.

Parallel dazu, nach einer fünfmonatigen Winterpause – zumindest auf Social Media – meldet sich das mjut nach dem letzten Instagram-Post vom 02. Oktober 2020 am 25. März 2021 zurück. Angekündigt werden die Online-Veranstaltungen re:start talking, re:start listening und re:start raving im Rahmen des Geburtstagswochenendes; ein Online-Panel mit verschiedenen Gäst:innen sowie ein Livestream mit Fokus auf Livemusik und ein dritter Livestream mit Fokus auf elektronische Musik. Zudem wird die zweite „surroundings“-Compilation beworben. Auf die Vorwürfe von Nicht Schweigen wurde zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels nicht öffentlich eingegangen.

Die frohfroh-Redaktion wurde Ende März auf die Vorwürfe, die durch Nicht Schweigen thematisiert wurden, aufmerksam und entschied, das Thema redaktionell aufzugreifen. Ziel war es, beide Parteien anzuhören und die potenziellen Antworten auf unsere Anfragen auf unserem Blog gegenüberzustellen. Im Zuge dessen kontaktierten wir den Nicht Schweigen-Account und baten um ein Interview. Die schriftliche Antwort erfolgte am 4. Mai und ist im folgenden Text zu lesen.

Das mjut wurde durch uns am 1. Juni kontaktiert und wir bekamen zwei Wochen später, am 14. Juni, eine Antwort. Der Inhalt der Antwort und der weitere Kontaktverlauf werden nach dem untenstehenden Interview mit Nicht Schweigen aufgegriffen.

Disclaimer 

Es ist keinesfalls unsere Absicht, das mjut zu „canceln“ oder Leser:innen dazu zu motivieren, Hassnachrichten an das mjut zu senden. Wir möchten einen Rahmen schaffen, in dem Clubs und ihre Akteur:innen kritisch hinterfragt werden können und in dem eine Auseinandersetzung mit Diskriminierungsformen stattfinden kann. 

Als Online-Magazin für elektronische Musik in Leipzig sehen wir es als unsere Aufgabe, aktuelle Entwicklungen in der Clubkultur und der dazugehörigen Szene vor Ort zu begleiten und aufzugreifen. Wir schreiben nicht nur Rezensionen und Künstler:innenporträts, sondern üben auch Kritik an den vorherrschenden Zuständen. Was wir nicht wollen, ist Einzelpersonen oder ganze Einrichtungen zu ruinieren. Unser Ziel ist es, alle Akteur:innen der Szene anzuhören und auch über schwierige und dabei oft nicht leicht zu lösende Konflikte und Debatten zu berichten.  

Klar, wir als frohfroh möchten dabei eine unabhängige Instanz darstellen. Ob das gelingt, in der Vergangenheit immer gelungen ist und gelingen wird, daran arbeiten wir als Redaktion und als Autor:innen. Im Zuge der Recherche für diesen Artikel habe ich jedoch als Autorin einige unangenehme Situationen erfahren müssen, die für mich mehrere Fragen in den Raum geworfen haben: Wie lässt sich innerhalb dieser Subkultur Privatperson von Szeneakteur:in trennen? Können Diskurse über komplexe, durchaus auch unangenehme, Thematiken überhaupt noch stattfinden, wenn das nicht gelingt? Was bedeutet Unabhängigkeit in dieser Szene überhaupt, die so eng vernetzt ist? Wie können wir versuchen, sie im Spannungsfeld eigener Verflechtungen und Überzeugungen zu gewährleisten? Und wie wird uns dabei professionell und privat begegnet?

Konkret: Ich stelle eine professionelle Anfrage an eine der involvierten Parteien und die Kommunikation erfolgt schriftlich per E-Mail. Außerhalb von dieser Kommunikation, in meiner Freizeit und ohne Vorwarnung, werde ich von Einzelpersonen von jener Partei auf meine Recherche angesprochen und unter Druck gesetzt. Ich betone dabei mehrfach, dass ich in diesem Moment nicht über die Recherche sprechen möchte, insbesondere nicht vor Veröffentlichung und nicht in diesem Rahmen – was nicht akzeptiert wird. 

Inwieweit habe ich noch Lust und vor allem den Mut, diese Thematik weiterhin zu behandeln und unter meinem Namen einen Artikel zu veröffentlichen? Wenn ich mich mit einer kritischen Recherche als Journalistin in der Clubszene bewege, inwiefern gefährdet das a) meine Freund:innen- und Bekanntschaften und b) mein Dasein als DJ und Veranstalterin? Können es sich Menschen, die nicht anonym bleiben, leisten, unangenehme Themen aufzugreifen und kritische Fragen zu stellen, solange sie Teil der Szene sind und sein möchten?

Dieser ‚Exkurs‘ ist dem Interviewteil vorangestellt, um die Komplexität der gesamten Situation zu verdeutlichen und eine zeitliche Einordnung vornehmen zu können. Und gleichermaßen aufzuzeigen, mit welcher journalistischen Sorgfalt vorgegangen wurde und welche Fragen mich als Autorin in dieser Sache weiterhin beschäftigen. Jetzt kommen wir – endlich – zu den Fragen und Antworten von Nicht Schweigen. 

Interview

ff: Euren Texten nach zu urteilen möchtet ihr mit eurer Plattform als Ansprechpartner:innen für all jene agieren, die diskriminierende und anderweitig unangenehme Erfahrungen mit dem mjut gemacht haben. Inwiefern erlauben die bisherigen Strukturen aus dem mjut so eine Auseinandersetzung nicht?

Nicht Schweigen: Es gab keine offizielle, interne Stelle, an die sich mit Kritik gewandt werden konnte. Die Stelle, die sich mit Diskriminierungen auseinandergesetzt hat, waren wir, aber wir fanden bei der Clubleitung und beim Großplenum kein Gehör. Und wenn wir selbst betroffen waren, hatten wir keine Möglichkeit, uns intern auszutauschen. Kritik wurde oft ins Private verlagert, in Mitarbeitendengespräche, die als 1:1-Situation zwischen Clubleitung und betroffener Person stattfanden.

Die gesamte Stimmung gab keine vertrauensvolle Atmosphäre her, in der Kritik offen geäußert werden konnte – und wenn sie im Großplenum, konfrontativ, geäußert wurde, wurde das zu einer „alle gegen die kritisierende Person“-Situation bzw. als „nicht angemessenes Thema“ abgewiegelt.

Kritik, vor allem an sexistischen und transfeindlichen Strukturen wurde als „beschweren“ dargestellt, manchmal auch als „nörgeln“ oder „jammern“. Das Framing war, dass wir „überempfindlich“ seien, anstatt uns um wichtigere Probleme zu kümmern.

Das wurde durch die cis-männliche Leitung verstärkt, die sich – unserer Ansicht nach – am liebsten gar nicht mit struktureller Diskriminierung auseinandersetzen wollte.. Kritik, aber auch persönliche Betroffenheit, kann nicht geäußert werden, wenn zuerst Bildungsarbeit geleistet werden muss, warum das genannte Verhalten überhaupt problematisch ist.

Zu Beginn gab es noch den den Plan, eine Mediation zu ermöglichen, dafür sollte jedoch kein Geld ausgegeben werden und somit verlief sich das im Sande. Einer der Punkte, die wir kritisieren: Das mjut möchte am liebsten nie Geld für emanzipatorische oder teaminterne Maßnahmen zur Verringerung von Diskriminierung ausgeben.

Ihr sprecht zugleich konkrete Situationen und tieferliegende gesellschaftliche Issues an. Wie ordnet ihr eure Plattform ein – als Bildungsplattform für die Mitarbeiter:innen des mjut? Als Bildungsplattform für die Szene im Allgemeinen? Als Outcalling-Plattform?

Als Bildungsplattform für alle, die Interesse haben, sich sowohl diskriminierenden Strukturen, als auch den konkreten Situationen innerhalb dieser zu beschäftigen. Natürlich reden wir vor allem über das, was uns im mjut passiert ist, aber gleichzeitig ist das mjut kein einzigartiger Ort. Die dahinterliegenden, diskriminierenden Strukturen sind allumfassend – eben strukturell. Wir wollen darauf aufmerksam machen, was oft hinter der hübschen, linken Fassade von Clubs stattfindet und was durch Menschen unterstützt wird, die den Club unhinterfragt besuchen.

Ihr hebt in eurem Statement vom 16.2. hervor, dass die einzige trans Person aus dem Awareness-Team gekündigt wurde. Ihr schreibt, dass das auf Transfeindlichkeit zurückzuführen ist, wie könnt ihr das erklären? – bzw. wird im Text vom 28.03. geschrieben: „‚Lass mich in Ruhe, ich hab keinen Bock darauf.‘, war die Antwort, als im Plenum höflich (aber nachdrücklich) darauf bestanden wurde, nicht dauerhaft als Frau misgendert zu werden. Eine Person zu zwingen, in zunehmender Lautstärke die eigenen Pronomen und den eigenen Namen zu wiederholen, um endlich korrekt angesprochen zu werden – und darauf mit Verärgerung zu reagieren (anstatt sich zu entschuldigen und es besser zu machen), ist ein eindrückliches Zeichen dafür, wie ignorant nicht nur mit der Awareness als politischer Struktur, sondern auch mit der Identität der einzelnen Mitarbeitenden, umgegangen wurde.“ Wurde die Auseinandersetzung im Anschluss im Plenum diskutiert? Gibt es Gründe dafür, dass in euren Texten der gesamte Club und nicht einzelne Akteur:innen benannt werden? 

Die einzige trans Person im Team wurde in einer semi-öffentlichen Awareness-Telegram-Gruppe des mjut gekündigt (beziehungsweise eine weitere Kooperation ausgeschlossen), als Begründung wurde ihre „Einstellung und Arbeitsweise“ angeführt. Offenstehende Honorare wurden nicht bezahlt.

Das geschah zeitnah an das genannte Großplenum, in dem das Misgendern konsequent übergangen worden ist, ebenso wie die Kritik daran. Es gab keine Auseinandersetzung. Das Großplenum ist dazu da, alle Teile des mjut gemeinsam an einen metaphorischen Tisch zu setzen. Wenn trans Personen an diesem Tisch dauerhaft in ihrer Existenz hinterfragt bzw. negiert werden, sich dabei keine Person unterstützend neben diese stellt und dieses Verhalten als „normal“ wahrgenommen wird, dann ist die strukturelle Transfeindlichkeit zu kritisieren, anstatt einzelne Akteur_innen als „Sündenböcke“ darzustellen. Nicht nur agierende Täter_innen, sondern auch die schweigende Mehrheit, die Betroffene alleine mit der diskriminierenden, übergriffigen Situation lässt, ist ein zu benennendes Problem.

Ihr schreibt im Statement vom 09.03.: „Wenn wir eine Toilette für FLINTA wollten – kümmert euch selbst darum. Wenn wir die Auswahl an sexistischen DJs kritisierten, wurde ‚die DJ-Debatte‘ als zutiefst störend und lästig wahrgenommen – und dies auch so kommuniziert. Machten wir deutlich, dass die Arbeitsbelastung an und über unsere Grenzen ging, wurden wir ausgelacht – wir täten doch nichts, das bisschen Awareness! Wünschten wir uns klare Strukturen, statt ‚macht doch Obst und Klopapier und alles andere auch, was so anfällt!‘ wurde uns fehlende Spontanität und Flexibilität vorgeworfen.“ Mit wem fanden diese Gespräche statt und woran liegt es eurer Meinung nach, dass solche Angelegenheiten im mjut keine Wertschätzung und Aufmerksamkeit bekommen?

Diese Gesprächen fanden sowohl in den Großplena des mjut, als auch im direkten Kontakt zur Clubleitung, statt. Wie wir bereits schrieben, denken wir, dass es daran liegt, dass „Awareness“ als „Feigenblatt des politischen Diskurses“ verwendet wird, ohne sich tiefergehend mit den Bedürfnissen und Strukturen in einer diskriminierenden Realität auseinandersetzen zu wollen. Das führt dazu, dass mit der Gründung und der Schichtübernahme des Awarenessteams die Problematiken „Sexismus“ und „Patriarchat“ als erledigt angesehen wurden, anstatt es als Anfang einer Auseinandersetzung zu sehen. Wir sollten das Ende einer Debatte sein, anstatt als deren Beginn begriffen zu werden. Leider verschwinden diskriminierende Strukturen nicht einfach von Zauberhand, sondern müssen bewusst bearbeitet und reflektiert werden.

Was haltet ihr davon, dass das mjut sich bisher nicht zu euren Statements geäußert hat?

Als Personen, die sich seit über einem Jahr mit dem Kommunikationsverhalten des mjut auseinandergesetzt haben, bevor wir mit Nicht Schweigen begannen, wundert uns dieses Verhalten nicht. Wie bei „Monis Rache“ und der sogenannten „DJ-Debatte“ (eine interne Auseinandersetzung, bei der es um sexistische Texte von DJs ging) scheint das mjut bevorzugt Kritik auszusitzen, statt sich mit ihr auseinanderzusetzen.

Was wünscht ihr euch vom mjut? Wie würde eine wünschenswerte Reaktion auf die Statements aussehen?

Ein „zurück zu den Wurzeln“ des mjut, das als Kollektiv mit Augenhöhe und großen Plänen bezüglich Inklusion und antidiskriminierender Arbeit begonnen hatte. Einsicht der eigenen Fehler, der eigenen, diskriminierenden Strukturen und das ehrliche Vorhaben, es zukünftig besser zu machen.

Wir wünschen uns einen echten, linken Club, der seine Aufgabe als „ein bisschen sichererer Raum“ ernst nimmt, anstatt auf Symbolpolitik zu setzen. Wir wünschen uns einen Raum, in dem Menschen sicher feiern gehen können und sich auch bei Kritik ernsthaft damit auseinandergesetzt wird. Wir wünschen uns eine Anerkennung unserer Arbeit und der Mühe, die wir in die Aufarbeitung stecken, anstatt Diffamierung und persönlicher Angriffe.

​​​​​​​Eure Instagram-Beiträge wurden per Privatnachricht über den mjut-Account mit Follower:innen geteilt. Wart ihr in diesem Prozess beteiligt?

Auch wenn uns diese Aktion gerne zugeschoben wird, waren wir daran tatsächlich vollständig unbeteiligt – keine Person von uns hat die Zugangsdaten zum mjut Insta. Wir danken der Person, die das getan hat, dennoch von Herzen und freuen uns über diese sichtbare Solidarität aus den Reihen der aktuellen Mitarbeitenden – wir hoffen, es gab für dich/euch keine Konsequenzen/Sanktionen dafür!

Möchtet ihr Reaktionen teilen, die euch im Zuge eures Statements erreicht haben?

Von Lob bis Kritik war alles dabei. Am meisten hat uns berührt, dass wir Reaktionen bekamen, dass Menschen dankbar sind, dass wir uns damit beschäftigen. Außerdem gab es oft die Reaktion, dass es gut sei, dass sich endlich mit den Strukturen beschäftigt werden würde und Anerkennung für die Arbeit, die wir uns machen. Wir bekamen aus unterschiedlichen Richtungen, auch anderen Clubs, solidarische Nachrichten, das hat uns eher überrascht und gefreut.

Kritik gab es für den Zeitpunkt, mitten in der Pandemie, wenn es um Clubs und Kultur ohnehin „schlecht bestellt sei, und dafür, dass wir anonym schreiben. Damit haben wir uns intern auseinandergesetzt. Wir wollen nicht „den Club zerstören“, sondern Veränderungen. Eben… „nicht schweigen“, statt in falsch formulierter Solidarität, in Passivität zu verharren. Außerdem ein paar persönliche Beleidigungen auf dem Niveau von „Ihr Opfer“, das war aber zu erwarten gewesen. 

Gibt es (noch) Fragen, die ihr dem mjut stellen wollt?

Inwiefern setzt ihr euch mit der Kritik intern auseinander? Verfolgt ihr das, was wir schreiben? Erkennt ihr an, dass in dieser Auseinandersetzung viel Arbeit, Mühe und Analyse steckt oder ist es euch egal? Wie könnt ihr unsere Kritik mit eurem linken Selbstbild vereinbaren? 

Was wünscht ihr euch von der Leipziger Szene oder der Clubkultur im Allgemeinen?

Weniger Symbolpolitik, mehr Auseinandersetzung. Awarenessteams sind ein Anfang, kein Ende. Wenn wir irgendwann Awarenessteams überflüssig machen wollen, weil der gesamte Club, alle Anwesenden aware ist und Diskriminierung überwunden ist, dann muss daran gearbeitet werden. Awareness ist – als Form der Auseinandersetzung mit diskriminierenden Strukturen -, nichts, was einzelnen Personen überlassen werden soll, sondern Grundaufgabe jeder linken Struktur. Wenn wir herrschaftsfreie Räume wollen, muss daran gearbeitet werden. Das Private ist politisch. Wir wollen eine Auseinandersetzung, eine Auseinandersetzung mit Sexismus, Patriarchat, Transfeindlichkeit, Rassismus, Behindertenfeindlichkeit, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit in den eigenen Räumen. Und dazu gehört als Grundlage die Anerkennung, dass diskriminierende Strukturen real sind und auch „linke“ Räume nicht davor gefeit.

Wenn ihr euch zu weiteren Situationen äußern möchtet, könnt ihr auch auf diese eingehen.

Weitere Situationen werden wir in zukünftigen Texten bearbeiten, um genügend Raum für eine angemessene Analyse haben zu können. Wir möchten auch nochmal drauf hinweisen, dass sich alle Menschen, die auch Probleme mit dem mjut hatten, bei uns melden können. Am liebsten per Email oder auf unsere Instagramseite. Wir sind solidarisch mit allen, die gleiches oder ähnliches erfahren mussten in der Clubszene. 

Einordnung mjut

Am 01. Juni kontaktierten wir das mjut und fragten nach einer Stellungnahme zu den Vorwürfen, die durch Nicht Schweigen erhoben wurden. Zudem leiteten wir die Fragen, die Nicht Schweigen in unserem Interview formuliert hatten, an den Club weiter. Eine Stellungnahme erfolgte in der Antwort, die wir am 14. Juni erhielten, nicht. „Wir vom mjut haben derzeit nicht vor eine Stellungnahme zu Nicht Schweigen zu veröffentlichen. Sollte ein Artikel eurerseits veröffentlicht werden, werden wir entsprechend reagieren und eine Stellungnahme bzgl. Nicht Schweigen veröffentlichen – über unsere Kanäle oder mit euch gemeinsam.“

Die Option einer Klärung oder eines Interviews per Mail oder anderweitig schriftlicher Form wurde als unmöglich gewertet, stattdessen wurde uns angeboten, Gespräche mit diversen aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter:innen zu führen, Protokolle durchzulesen und viel mehr. Da dieser Prozessvorschlag einer professionellen Mediation gleichte, zu der wir nicht in der Lage sind, lehnten wir dieses Angebot ab. Wir haben weder die Kapazitäten, noch die Ressourcen, eine solche Aufarbeitungsarbeit mit dem oder für das mjut zu leisten. 

Aber: In der dreiseitigen PDF wurden unter anderem die Fragen von Nicht Schweigen durch das mjut beantwortet. 

Nicht Schweigen: Inwiefern setzt ihr euch mit der Kritik intern auseinander? 

mjut: Wie schon geschrieben ist eine Auseinandersetzung mit dem Blog sehr schwierig. Es hat sich intern eine offene Gruppe gebildet, welche sich mit unseren Werten, einem Verhaltenskodex sowie Kommunikationsstrukturen auseinandersetzt. 

Verfolgt ihr das, was wir (die Macher:innen von Nicht Schweigen) schreiben? 

Ja, wir haben gelesen was sie schreiben. 

Erkennt ihr an, dass in dieser Auseinandersetzung viel Arbeit, Mühe und Analyse steckt oder ist es euch egal? 

Wir beschäftigen uns eingehend damit wie mit den durch Nicht Schweigen erhobenen Anschuldigungen umzugehen ist. Dass wir bereit sind in einen Dialog zu treten, zeigen unsere wiederholten Gesprächsangebote an frohfroh. Uns ist der Blog nicht egal, weshalb wir frohfroh auch immer noch anbieten unsere Protokolle offenzulegen. (Anm. d. Red.: Gesprächsangebote von Seiten des mjut, die vor des hier aufgeführten Frage- und Antwortkatalogs stattgefunden haben, gibt es unserer Perspektive nach nicht.)

Wie könnt ihr unsere Kritik mit eurem linken Selbstbild vereinbaren? 

In einer patriarchal geprägten Gesellschaft kommt man nicht umhin sich im eigenen Selbstverständnis ständig zu reflektieren. Seit der Veröffentlichung wenden wir viele Kapazitäten auf, um uns mit dem Blog auseinander zu setzen. Es fällt uns aber nicht leicht, weil er in unserer Wahrnehmung widersprüchlich ist und wir diese Widersprüchlichkeit alleine nicht auflösen können. Kritik anzunehmen ist für uns wichtig, denn nur so kann man erreichen sich von systemimmanentem Problem zu lösen und ein durch wahrhaftige Awareness gekennzeichnetes Miteinander zu etablieren. Die Art und Weise wie Nicht Schweigen ihre Kritik publiziert hat, hilft uns in diesem Prozess jedoch nicht. Eine derartig destruktive Kritik erschwert uns vielmehr die Realisierung utopischer Ideale.

Am 18. Juni hakten wir erneut beim mjut nach, um eventuell doch eine schriftliche Stellungnahme zu erhalten und stellten weitere Fragen, die auf den Inhalt der Vorwürfe bezogen waren. Eine Antwort erhielten wir am 01. Juli: „Wir möchten euch mitteilen, dass wir an einem Statement arbeiten. Der Blog ist inhaltlich umfangreich und uns ist wichtig möglichst alle Personen einzubeziehen, welche direkten Bezug zu dem Geschehen haben, das dem Konflikt zugrunde liegt. Dieser Prozess ist sehr zeitaufwendig. Darum möchten wir euch bitten mit einer Veröffentlichung eures Artikels zu warten, bis wir unser Statement erarbeitet haben.“ Weiter heißt es: „Die interne Aufarbeitung mit allen Leuten, die noch bei uns im Team sind und die bei der Entstehung des Konflikts schon im Mjut arbeiteten hat uns sehr geholfen die Vorwürfe, die gegen uns erhoben worden sind, aufzuarbeiten. So hat sich nach und nach der Kontext abgezeichnet, in dem sich der Konflikt entwickeln und derartig zuspitzen konnte. Um unsere Strukturen anpassen zu können, müssen wir ein detailliertes Verständnis für das damalige Klima im Mjut entwickeln. Nur so lässt sich genau beurteilen, was falsch gelaufen ist und was wir verändern müssen.“

Wir haben uns dazu entschieden, das Interview mit Nicht Schweigen als ersten Teil einer (hoffentlich) zweiteiligen Reihe und nach über zwei weiteren Monaten Wartezeit zu veröffentlichen. Wir sind eine eigenständig arbeitende Redaktion und können unsere redaktionellen Veröffentlichungen nicht von ungenauen beziehungsweise nicht vorhandenen Zeitangaben abhängig machen, weshalb wir der Bitte des mjut, mit der Veröffentlichung zu warten, nicht nachkommen können. Selbstverständlich verfolgen wir alle Entwicklungen, halten euch auf dem Laufenden und hoffen, dass dieser Konflikt für alle Parteien ein zufriedenstellendes Ende findet.


Vielen Dank an Jasmin Biber für die Illustration!

Nachtrag vom 22. September 2021: Das mjut hat am 19. September ein Statement veröffentlicht, das sich mit vielen Vorwürfen des „Nicht Schweigen“ Blogs auseinander setzt. Es wird über den internen Aufarbeitungsprozess gesprochen und es wird thematisiert, welche Änderungen der Club und das Kollektiv dahinter vornehmen möchte, um ein inklusiverer Raum zu werden; ein safer space. Das zehnseitige PDF haben wir euch verlinkt.

LEIPZIG CONTAINS…? #3 – Ja was denn nun?

September / KW 35 Ostwache Leipzig e.V. X Sesiones del Sur.
Podiumsdiskussionen rund um das Thema: „Wie geht es weiter mit den Mietpreisen in Sachsen?“, DJs und Livemusik.

Partyname:LEIPZIG CONTAINS…? #3 – Ja was denn nun?
Zeit:02.09.2021, 18:00 – 22:00 Uhr
Location:Gregor-Fuchs-Straße 45 – 47
Acts:Sesiones del Sur
& Los Hermanndez

Das Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung der Stadt Leipzig hat dem Sphere Radio einen Container zur Verfügung gestellt, der nun als öffentliches Radiostudio mit angeschlossener Bühne für Gesprächsformate und Musikveranstaltungen genutzt wird. In Zusammenarbeit mit (sozio-)kulturellen Initiativen aus Leipzig wollen sie einen interaktiven Raum schaffen und der Frage nachgehen, welche Funktion Radio im öffentlichen Raum einnehmen kann.

Ort des Geschehens ist die Freifläche des Nachbarschaftszentrums Ostwache e.V. in Anger-Crottendorf. Alle Veranstaltungen können nicht nur live vor Ort miterlebt werden, sondern sind auch über die Kanäle des Senders live zu hören.

Im dritten Teil der Veranstaltungsreihe „Leipzig Contains…?“ #3: „Leipzig Contains…?“ – Ja was denn nun? gehen sie der Frage weiter auf den Grund. Der freie Raum in Anger-Crottendorf wird dieses Mal vom Ostwache e.V. und dem Ensemble Sesiones del Sur mit neuen Antworten gefüllt.

Wie vom Sphere Radio gewöhnt, starten sie den Abend mit einem Gespräch. In einer Podiumsdiskussion mit Aktivist:innen der Recht-auf-Stadt-Bewegungen Leipzig, Dresden und Chemnitz steht zur Debatte, was uns alle interessiert: Wie geht es weiter mit den Mietpreisen in Sachsen? In einer offenen Diskussionsrunde richten sie anschließend den Fokus auf die Entwicklungen in Anger-Crottendorf.

Nach dem Reden kommt das Hören: Sesiones del Sur vereinen unter der Leitung des Multiinstrumentalisten Mauricio Vivas afro-peruanische Rhythmen mit Manding-Kora-Musik zu einer unvorhersehbaren Live-Session.

Anschließend kombiniert das aus Maracaibo, Venezuela, und Leipzig stammende DJ-Duo „Los Hermanndez“ urbane Sounds mit ländlichen, wilden Klängen.

Podiumsdiskussionen, DJs und Livemusik. Was will man an einem Donnerstag Abend mehr?

Stay spherical!


Cedits:
Sphere – Radio

DOSIS II 26. August – 23. September

DOSIS II 26. August – 23. September / KW 34 – 38 Die Kunstaustellung im Institut für Zukunft geht in die zweite und letzte Runde.

Partyname:DOSIS II
Zeit:16 – 20 Uhr
26. / 28. / 29. Aug.
und 02. / 04. / 09. / 11. / 16. / 18. & 23. Sep. 2021
Location:Institut für Zukunft
Acts:w/ Musik von ILL aus Hamburg:
BL BRIXTON / DJ MILLE / JONEY / MOMO
Tickets:https://www.tixforgigs.com/de-DE/Home/Search?searchText=DOSIS+II

Die erste Dosis wirkt selten alleine. Nochmal lässt Dosis alles anders scheinen. Glaubtest du noch, mit der zweiten Dosis vollständig zu sein, entfalten sich bereits neue Wirkungen. Ihre Bedeutungen morphen im Gebrauch: Use all dosibilities. Keine Angst vor der Spritze, vom Sinne verweht, bis das Licht auf dem Floor an- und ausgeht.

Vernissage:
26.08. // ab 16 Uhr zusätzlich im Teergarten (Außenbereich des IfZ)

Ausstellende Künstler:innen:
Thomas Baldischwyler • Katrin Becker • Dominika Bednarsky • cylo • Svenja Deking • Paula Eggert & Lukas Hartmann • Anaïs Goupy • JH Hamann • Yannik Harter • ILL • Barbara Lüdde • Sophia Kesting & Dana Lorenz • Salome Lübke • SaouTV & SupaKC • Ewa Meister & Johanna Ralser (mit Giuli Giani & Kristin Gruber) • Larissa Mühlrath • Theresa Münnich • Murat Önen • Vanessa A. Opoku • Anna Raczynska • Daniel Rode • Juli Schmidt • Lisa Schumann & Johanna Stolze • Annika Stoll • Florian Wendler • 076**KRU


Cedits:
Grafik Design by
Ris Pascoe
Coco Lobinger
Jakob Anton Hörnig

Special thanks to
Hagen Tanneberger
N-ICE Kollektiv
IfZ Crew ❤

Words by
Georg Frischbuter

DOSIS I + II Committee
Wiebke Magister
Jonathan McNaughton
Stephen Stahn
Constantin Menze
Sophie Esders
Ilse Lafer
Neele

Dosiert by
Stephen Stahn
Sophie Esders
Constantin Menze
Neele

Bei Fragen, Risiken oder Nebenwirkungen kontaktieren Sie: redaktion@ifz.me

Talk Talk – Die Abschiedsfolge

Wir machen Schluss! Aus. Vorbei. Und melden uns dafür sogar kurz aus der Sommerpause zurück. Mit der letzten Folge Talk Talk, unserem Podcast. Nach vier Jahren und 25 Folgen verabschiedet sich Moderatorin Kathi aus dem frohfroh-Team.

Viele Gäst:innen hat sie in diesen 25 Folgen ausgefragt: zu szenerelevanten Themen wie Selbstausbeutung in der Clubkultur, wann wir zu alt für’s Feiern sind, welche Auswirkungen Corona auf Artists und Clubs hat oder wie es ist, vom DJ zum Papa zu werden.

Radio und Podcast

Was besonders schön und auch mal weniger schön war, warum Kathi sich bei frohfroh rar macht, ob und wie es mit Talk Talk weitergeht, das erfahrt ihr in unserer Abschiedsfolge mit Chefredakteurin Antoinette Blume und frohfroh-Gründer Jens, die dieses Mal den Spieß umgedreht und Kathi gemeinsam befragt haben. Zum Beispiel warum es bei Talk Talk immer in erster Linie um die Gäst:innen und nicht um Kathi ging:

„Das hat etwas mit meiner Radio-Sozialisation zu tun: Meine Protagonist:innen bekamen und bekommen bei mir den roten Teppich ausgerollt. Das muss auch sein, finde ich.“ – Kathi

Alle Folgen Talk Talk hört ihr hier.

Und! Habt ihr Lust, Teil von frohfroh zu werden? Zum Beispiel als neue:r Host für unseren Talk Talk-Podcast? Meldet euch bei hello@frohfroh.de!


Zum Abschied

Liebe Kathi,

jetzt müssen es doch noch ein paar persönliche Worte zum Abschied sein, finden wir. Dein Podcast hat uns die letzten Jahre bereichert (und zwar sehr, sehr, sehr!) und es ist für uns ein großer Verlust, dich gehenlassen zu müssen.

Aber: Dein neues Projekt namens Raveland, dein neuer Podcast bei MDR Sputnik, kann nur gut werden. Warum? Weil du als Journalistin, Moderatorin und Raverin deinen Protagonist:innen nicht nur den roten Teppich ausrollst, sondern sensibel zuhörst und eine progressive Stimme (im wahrsten Sinne) im öffentlich-rechtlichen Radio bist. 

Viel Erfolg, Hingabe und eine Platzierung in den Podcast-Charts wünschen wir dir – wir erwarten gespannt und mit gespitzten Ohren die erste Folge, die im September releast wird. Und sind wahrscheinlich genauso freudig-aufgeregt wie du, Raveland bei Spotify und Co. zu hören.

Ganz heimlich hoffen wir natürlich, dass du frohfroh in einer Special-Folge, wann auch immer, wieder beehrst. Denn wir vermissen dich jetzt schon. 

Danke für deine Arbeit, den ersten und bisher einzigen frohfroh-Live-Podcast und danke, dass du elektronische Musik, Clubkultur und die Auseinandersetzung damit – un-er-müd-lich und in etlichen Facetten – auf die Agenda bringst.

Redaktion dieser Folge: Antoinette Blume & Jens Wollweber; Musik von fragmentiert, Illustration von Jasmin Biber und produziert – ein vorerst letztes Mal – von Kathi Groll.

Zweatlana aka Zweaty: Minty Dreams

Zweatlana hat Ende Juni ihre zweite EP Minty Dreams mit zwei Videos rausgebracht; und trifft damit den melancholischen Nerv dieser Zeit. Volle und tiefe Klänge, unzählig geschichtete Ebenen an Sounds und Stimme. frohfroh-Autorin Marie hat die Künstlerin zum Interview getroffen und mit ihr über Farbkonzepte, das neue Album und über Trennungs-Songs gesprochen. 

Zweaty, so wie ’sweaty‘, nur mit Z, ist gebürtige Freiburgerin und in einem winzigen Dorf im Schwarzwald aufgewachsen. Dort hat sie schon sehr früh mit Klavierunterricht angefangen und kurz danach selbst komponiert. Obwohl sie bis heute keine Noten lesen kann (weil sie immer sofort alles auswendig konnte), war ursprünglich geplant, klassische Klavierkomposition zu studieren.

Aber es lief anders: Mit 16 bekam Zweaty eine Gitarre in die Finger und brachte sich selbst das Spielen bei, fing an zu singen und Songs zu schreiben. Ein Jahr später kaufte sie ihr erstes Equipment, um die selbstgeschriebenen Songs aufzunehmen. In die Technik konnte sie sich in der ländlichen Abgeschiedenheit des Schwarzwaldes gut reinfuchsen. Und im Laufe der Zeit wurden es mehr Instrumente, mehr Equipment, mehr Technik.

Fuhrpark an Zeug

Mittlerweile hat sie auf der Bühne „einen ganzen Fuhrpark an Zeug“ stehen, um möglichst viel Sound zu machen. Zwischen Keyboard, Gitarre, Synthesizer, Mic, Effektgeräten, Mischpult und Loopstation steht die Künstlerin mit ihrer Stimme: „Ich wollte immer alleine Musik machen, fand das aber so langweilig immer am Klavier zu sitzen und zu singen und zu spielen oder halt mit der Gitarre. Darüber bin ich auf die ganze Loop Station-Geschichte gekommen.“

Wenn Zweatlana einen Live Gig spielt, wird oft davon ausgegangen, sie komme mit einer Band. Dann sagt sie: „Ich bin die Band.“ Und bisher hat sie auch noch nie jemanden getroffen, der ihr Setup verstanden hat: „Ich bin immer noch die Einzige, die so richtig checkt wie es funktioniert…“

Multikomplex und Multitalent

Inzwischen mixt das Multitalent alles live auf der Bühne. Dafür hat sie ein eigenes Mischpult, mit dem sie alle Spuren, bevor sie in die Loop Station gehen, schon mal durchmixt, sodass am Ende eine Spur wieder rauskommt:

„Ich wollte immer den Sound von einer Band kreieren, ohne eine Band zu haben.“ 

Eine Frau zwischen Pop, Hip Hop, Rap, Klassik und Choral. Genretechnisch lässt die Künstlerin sich nur schwer einordnen, sie bewegt sich lieber in den Welten dazwischen. Am Ende ist es vielleicht Pop mit klassischen Einflüssen, aber immer auch elektronisch und experimentell, mit einer unverkennbaren Stimme. Wenn man sie eine Weile beobachtet, weiß man, dass noch vieles andere kommen kann: „Ich will ich mich aktiv keinem Genre zuordnen.“ Denn das würde einen Druck erzeugen, dem sie gerecht werden müsse und würde sie daran hindern, wie bisher, einfach ihr Ding zu machen.

Ihre erste EP, die Orange EP, hat Zweatlana abgeschieden in der Natur im Schwarzwald produziert und dann 2020 in Freiburg rausgebracht. Das Farbkonzept war ein knalliges Orange mit Wiedererkennungswert, der Sound eher elektronisch. Damals hat sie erst mit dem Produzieren angefangen und hatte „Bock auf alle geilen Sounds, die es so gab“. An einem Album arbeitet sie immer auch konzeptionell und künstlerisch, vor allem auch sehr visuell. Im Gesamten ergibt sich ein gut aufeinander abgestimmtes Bild. Das Orange war damals die Farbe für den Sound, den sie spielte. Musikalisch war das auch ein Ausflug zu Rap und HipHop. 

Zurück nach Leipzig

Im März 2020 kam Zweatlana dann zurück nach Leipzig.  Mit dem aktuellen Album wollte sie „back to the roots“, zurück zu ihren Wurzeln. Dafür legte sie den Fokus auf das, was ihre Musik eigentlich ausmacht und sei vor allem ihr Chorgesang. Auf der Minty Dreams EP erwarten uns also wieder Gesang und Klavier und die unverkennbaren Chöre aus Zweatys Stimmen.

Dazu legt die Künstlerin ihre Stimme in vielfachen Tonspuren übereinander, wodurch die vollen und tiefen und vor allem sehr harmonischen Klänge entstehen, so als stünden wirklich ein paar singende Zweatlanas im Raum. Das hat sie schon von Anfang an gemacht, also ab dem Zeitpunkt, an dem sie aufnehmen konnte. Diese klassischen und mehrstimmigen Elemente sind zu ihrem Markenzeichen geworden. 

Farbkonzept: minty, zart und dreamy

Auch das neue Album verfolgt ein ganz klares Farbkonzept: mint. Und dreamy. Minty dreams eben. Viel rosé und mintgrün, zarte Farbtöne mit einem leichten Hang zum Düsteren. Dazu Rauch, Nebel, schwarz, in den Videos viel nude und Haut. Wolkiger Sound und zartbittere Ästhetik sind in dieser EP bewusst miteinander zusammen- und in Beziehung gesetzt; sie verschmelzen zu einem eigenen Werk.

Die ganzheitlichen Farbkonzepte ergeben sich für Zweatlana beim Produzieren einer EP quasi von allein: „Das ist der Sound und das ist die Farbe dazu.“ Zweatlana ist Synästhetin, ihre Buchstaben, Zahlen und Töne sind mit Farbwahrnehmungen verknüpft. Deshalb sind ihre Kompositionen grundsätzlich farblich, „weil das halt mein System ist.“

Manchmal versuche sie auch, Harmoniefolgen zu finden, die zu einer Farbfamilie passen, aber „man trifft eh nie den Farbton, den man treffen will.“ Meistens ergibt sich ein stimmiges Bild von allein, während des Produktionsprozesses oder durch die fertige Komposition. 

Kollektive Intimität persönlicher Erfahrungen

In der aktuellen EP geht es um gescheiterte zwischenmenschliche Beziehungen. Während sie das Album konzipierte, waren Beziehungen und Trennungen für Zweatlana ein omnipräsentes Thema, sowohl bei ihr selbst als auch in ihrem Umfeld: „viele Leute haben da sehr ähnliche Erfahrungen gemacht“, sagt sie. Das neue Album soll den Menschen um sie herum Songs geben, um diese Erfahrungen auszudrücken und teilbar zu machen.

Und: „Ja, davon gibt es schon sehr viele, also Songs um Trennungen oder beschissenes zwischenmenschliches Verhalten“, deshalb könne man denken, die Welt brauche das nicht mehr. Aber dieses Album kristallisiert auf eine besondere Art und Weise die kollektive Intimität persönlicher und schmerzhafter Erfahrungen. Sie zeigt darin die momentane Unfähigkeit unserer Zeit, zwischenmenschliche Beziehungen zu führen, worin doch jede Zeit ihr ganz eigenes Scheitern hat. „Diese ganze Wut auch mal loszuwerden, das fand ich irgendwie total spannend“ und war für Zweatlana in dieser Direktheit neu. Im Gegensatz zu ihren früheren, eher kryptischen Texten ist sie diesmal dabei, den Prozess konkret zu benennen und authentisch rüberzubringen, was sie und ihr Umfeld denken und fühlen.

Nicht nur Sängerin

Die Künstlerin macht natürlich nicht nur Musik für ihre Freund:innen, sondern träumt (klar) auch davon, Berufsmusikerin zu sein. An den Punkt zu kommen, an dem sie davon leben kann, Leute zu erreichen und ihnen etwas zu geben. Aber eigentlich will sich Zweaty nicht zwischen Liveauftritten oder Produzieren entscheiden müssen. Das sind unterschiedliche Prozesse, die sie als Zweatlana miteinander vereint:

„Natürlich verstehe ich mich auch als Musikerin, aber ich verstehe mich in erster Linie als Künstlerin.“

Sie macht ihre Musikvideos und Fotos größtenteils selbst, ist beim Konzept immer mit dabei und erschafft das komplette Artwork und natürlich den Sound dahinter. Zweatlana nennt das ihr „Gesamtkonzept“ und sie mache alles davon voll gerne, nichts wolle sie weglassen.

Manchmal gibt sie auch Arbeit ab – das neue Video ist zum Beispiel zusammen mit einer Filmstudentin entstanden, die Zweatys Ästhetik verstanden habe. Aber die Künstlerin könnte nie ihre Finger irgendwo ganz rauslassen. Man täte Zweatlana also Unrecht, sie auf ihre Stimme zu reduzieren: „Ich mache viel mehr, ich bin nicht einfach nur Sängerin.“

Konzert am 22. August in Dresden

Daraus ist in den letzten Jahren ein extrem cooler Look entstanden, der sowohl soundtechnisch als auch visuell, ein sehr feines ästhetisches Gespür durchscheinen lässt. Momentan hat Zweatlana aber vor allem eins: Lust zu spielen und endlich wieder auf der Bühne zu stehen.

Wer sie, ihren Sound und das ganze Setup live auf der Bühne erleben möchte, hat am Samstag, den 22. August die Chance dazu: Zweaty spielt beim GrooveGarden Festival des Dresden Open Air – Kultursommer 2021.  

KW 30 – Samstag

Zwei Tipps haben wir für diesen Samstag – online und offline.

Partyname: PVC @ Pittlerwerke
Zeit:31.07.2021, 16:00 Uhr
Location:Pittlerwerke
Acts:amoral, Boeckler, chacha b2b IZA, DJ 4 Never, Hanoj & Ecdyson, Juke Dordan, Medha, Monsoon Traxx, Morrek und Vanta; VJs by hi:frequency

Der Spot im Leipziger Norden ist der neue place to be. Platz zum Tanzen unter freiem Himmel, gewohnt gute Acts des Leipziger Kollektivs PVC, der Vibe rangiert mit den eingeladenen Special-Guests von House bis Techno. Das Ganze bei voraussichtlich 24 C. Tickets bekommt ihr hier. Have fun!

https://soundcloud.com/eintopfkollektiv/eintopf-mix-series-vanta

Live At Robert Johnson & Riotvan
Partyname: Live At Robert Johnson x Riotvan x Beatport
Zeit:31.07.2021, 15:00 Uhr
Location:Online (Twitch + YouTube)
Acts:Ata, Michael Satter, New Hook (live), Chinaski, Jennifer Touch, Peter Invasion & Gregor Habicht (live), Perel, Panthera Krause, Rebolledo und Horkheimer

Leipzig All-Stars gepaart mit dem Robert Johnson. Ab 15 Uhr live im Stream bei Twitch und YouTube. Einfach nach Beatport suchen, klicken, streamen, tanzen.

KW 29 – Samstag

Uh, das Eli ist mal wieder zu erleben – im Exil. Und dazu gibt es ein neues Label im Westen zu entdecken. Unsere Samstagstipps.

Partyname: Grassipamanoke
Zeit:24.07.2021, 15:00 Uhr
Location:Grassi Museum
Acts:Nur Einer Von Vielen, Killlya, Lars Goldammer, Monsoon Traxx, Nienein, Senta Julien, Siegfried

480 Tage war das Eli geschlossen, Wahnsinn. Es bleibt auch erstmal noch zu, aber dafür kann die Eli-Crew heute im Rahmen des out:side Kultursommers im Innenhof des Grassi-Museums zum Open Air-Rave einladen. Yeah!

Partyname: Leider 9 Open Air
Zeit:24.07.2021, 16:00 Uhr
Location:Kunstkraftwerk
Acts:Blank Vision, Emel White, Eva, N3MO, sliN

Ah, hier entsteht scheinbar ein neues Label namens Leider 9 Records. Im Westen kann heute gehört und gefühlt werden, wohin die Reise gehen soll. Deep, dark und techy offenbar.

KW 29 – Freitag

Drei Tipps haben wir für diesen Freitag – drinnen und draußen.

Partyname: Two Play To Play
Zeit:23.07.2021, 20:00 Uhr
Location:Gewandhaus
Acts:Kiki Hitomi, Disrupt, Volker Hemken

Good News aus dem Gewandhaus – das Premierenkonzert der vierten Two Play To Play-Saison wird nun doch nochmals live aufgeführt. Ende Mai war die Zusammenarbeit zwischen den Jahtari-Held:innen Kiki Hitomi und Disrupt sowie dem Bassklarinisten Volker Hemken bereits als Stream aus dem Conne Island zu erleben. Aber live im Gewandhaus dürfte es nochmals more intense sein. Es gibt noch Karten.

yung_womb
Partyname: Air Waves x Polyicious
Zeit:23.07.2021, 18:00 Uhr
Location:Conne Island
Acts:evin, yung_womb, Somali Vendetta, Designer Jens

Im Island-Garten steigt an diesem Freitag ein Summer Rave mit den Air Waves-Radio- und Polyicious-Crews. Mit herrlich sommerlich-leichten House-, Bass-, Leftfield- und Pop-Vibes.

Frida Darko
Partyname: I Love Gardening
Zeit:23.07.2021, 18:00 Uhr
Location:Distillery
Acts:Judith van Waterkant, Frida Darko

Der Distillery-Garten ist an diesem Freitag auch wieder offen – eingehüllt von Slow-, Deep- und Dark House-Sounds.

Interview: DOSIS im Institut fuer Zukunft

Vom Biergarten zum Corona-Testzentrum und nun zur Ausstellungsfläche: Das IfZ bleibt in der Pandemie weiterhin wandelbar und stellt ab dem 15. Juli verschiedene Werke in Kooperation mit der Hochschule für Grafik und Buchkunst aus. Wir haben zwei Kurator:innen zum Interview gebeten.

Nachdem kürzlich die „7IX“-Platte erschienen ist, feiert das IfZ nun einen weiteren Meilenstein und öffnet seine Tore zwei Monate lang für Kunstinteressierte. Wir haben bei Neele, Bookerin des IfZ, und Stephen Stahn, Mitarbeiter der HGB Galerie, Mitveranstalter der HGB Rundgangsparty und Fotografiestudent an der HGB, nachgefragt, was es mit den Ausstellungen DOSIS I und II auf sich hat.

Ihr habt schon öfter mit der HGB zusammengearbeitet. Wie kam es zur DOSIS Idee und damit zur erneuten Kollaboration?

Neele: Seit einigen Jahren richtet das IfZ die beliebte Rundgangsparty der HGB aus. Dabei verliefen die Grenzen strikter als nun bei der DOSIS, wenngleich auch da schon einige Gemeinsamkeiten zum Vorschein traten. Die Kooperation hat immer sehr viel Spaß gemacht und neue Synergien hervorgebracht. Weiter gab es auch personelle Überschneidungen. So gibt es Mitarbeitende, die an den Kunsthochschulen studieren und natürlich auch Studierende, die wiederum DJs oder Producer sind oder sich gar im KreV engagieren. So kommt es – und das freut mich ganz besonders – dass unser Türsteher eben auch mal im IfZ ausstellt!

Im IfZ selbst wurde sich in der veranstaltungsfreien Zeit sehr viel mit strukturellen und inhaltlichen Fragen beschäftigt. Was ist das IfZ? Was kann es sein? Was passiert mit der Crew und auch den Freund:innen des IfZ, wenn der Ort als solcher wegbricht? Das IfZ ist so viel mehr als Techno. Und eben diese Fragen führten dazu über den „Raum“ IfZ als solchen nachzudenken. Hinzu kam, dass auch für viele Ausstellungsräume aufgrund der pandemischen Situation weggebrochen sind und dies führte schlussendlich dazu, die Idee einer Ausstellung etwas größer und nicht zuletzt kooperativer zu denken.

Das IfZ ist endlich wieder nicht nur im Außenbereich für Besucher:innen geöffnet. Was erwartet uns im Inneren des Clubs, wie ist die Ausstellung aufgebaut?

Stephen: Es wird eine feste Route durch den Club geben. Entlang dieses Rundgangs werden über 30 künstlerische Positionen zu sehen sein, die sich mit den Gegebenheiten der Räumlichkeiten beschäftigt haben. Zum einen sind Arbeiten in den letzten Wochen im IfZ entstanden, aber auch bestehende Kunstwerke wurden in den Club gebracht und vor Ort neu kontextualisiert. Darüber hinaus werden auch Bereiche bespielt, die nicht beim üblichen pre-corona Clubbetrieb zugänglich waren.

Warum „DOSIS“? 

Stephen: Wir wollten einen Namen, der auf vielen Ebenen miteinander verbunden werden kann. Wir verstehen DOSIS I & DOSIS II als eine „dosierte“ Öffnung von Kunst- und Clubbetrieb. Das Wort selbst kommt aus dem griechischen und heißt übersetzt „Geschenk“. Ausstellungen mit über zwei Monaten Laufzeit wären im normalen Clubbetrieb niemals praktizierbar gewesen. Somit sind die DOSIS-Ausstellungen ein einmaliges bzw. zweimaliges Experiment, aber auch trotz aller Umstände eine Art „Glücksfall“. Obendrein hat der Name natürlich einen Corona-Bezug und da recht schnell klar war, dass wir zwei Ausstellungen organisieren wollen, fiel uns die Namensentscheidung leicht. Und, naja, pharmakologisch kann man den Titel der Ausstellung durchaus auch lesen. 

Werden die Werke einen thematischen Bezug zum Namen haben? Beziehungsweise mit welchem Hintergedanken wurden die Werke kuratiert und ausgewählt?

Stephen: Wir wollten mit dem Namen der Ausstellung inhaltlich offener bleiben, anstatt uns an einem bestimmten Themenfeld abzuarbeiten. Die gezeigte Kunst orientiert sich aber stets in einem Bereich wo sich Club und Kunst treffen: sei es in der Materialität, der Form, im Inhalt, in der Vermittlung von einem bestimmten Gefühl oder sogar von Gerüchen. Besonders wichtig war uns, dass die Künstler:innen die Chance haben vor Ort und mit dem Ort Arbeiten zu produzieren. Hierfür haben wir vor allem lokale Künstler:innen ausgesucht und eingeladen.

Wie unterscheiden sich DOSIS I und II? 

Stephen: Ohne DOSIS I keine DOSIS II. Es werden für die Ausstellung nochmal eine Vielzahl weiterer Künstler:innen die Chance bekommen im Non-White-Cube-IfZ auszustellen. Wie genau die Unterscheidung zwischen diesen Ausstellungen aussieht, bleibt eine Überraschung. Wenn beide Ausstellungen abgeschlossen sind, ist auch eine Publikation geplant, welche den ganze Prozess nochmal in publizierter Form mit allen Beiträgen zusammenfasst.

Zu den Grafiken: Wir haben schon euer neues Maskottchen Sekti entdeckt. Was hat es damit und den vielen Logo-Variationen im Hintergrund auf sich?

Ris, Jakob, Coco (Grafik Team): Eine Kunstausstellung im IfZ legitimiert den Clubraum als Ausstellungsfläche und schafft einen kunstinstitutionellen Rahmen. Die von uns gestalteten Logos hijacken ikonische Kunstinstitutionen [etwa das MET, die Tate, das MdbK] und machen aus dem Darkroom einen White Cube. 

Sekti, das Sektglas als Maskottchen, vermittelt zwischen Clubkultur und Vernissage, zwischen scheinbar konträren Welten und dem damit einhergehenden Publikum. 

Ist das der Lockdown für die Spinnerei?


DOSIS I ist ab dem 15. Juli im Institut fuer Zukunft zu sehen, Tickets gibt es bei Tix for Gigs. Mehr über die Veranstaltung erfahrt ihr über die Kanäle des IfZ. Das Headerbild ist von Martin Ruckert.