Various Artists „O*RS 2400“ (O*RS)

O*RS gräbt wieder nach neuen Talenten und stellt sie neben zunehmend wichtiger werdende Geheimtipps – kurz: die „O*RS 2400“ ist da.

Und nebenbei: Es ist die zehnte Ausgabe dieser Compilation-Reihe, mit der Filburt verschiedene House-Facetten sowohl von Newcomern als auch bereits renommierteren Artists präsentiert. Die Reihe ist damit neben den SuperSingles die größte Konstante in dem sonst durchaus unberechenbaren Label-Katalog von O*RS.

Die „2400“ verlinkt aber auch zurück in die eigene Geschichte. So gibt es ein Wiederhören mit Crooks + Lovers, die auf der „O*RS 2200“ erstmals offiziell einen Track veröffentlichen konnte. Und es gibt ein Wiederhören mit dem Berliner Grizzly. Vor einem Jahr haute er seine „Grizzly Cuts 303“ auf O*RS als Advents-Gimmick raus. Sehr passend also, dass die beiden sich eine Seite teilen, während mit So Late und Savvas zwei No-Names ihre Debüts auf der A-Seite feiern können.

So Late besinnt sich mit „Mutiny“ auf eine große sommerliche Leichtigkeit, die beinahe zu sehr ins Schunkelige abtriftet. Am Ende bewahren sie die vielen kleinen, teils skurrilen Sound-Details aber genau davor. Savvas‘ „The Other Side“ kommt mit der Erhabenheit langsam schwebender Synth-Chords auch dem Abtriften nahe – allerdings eher einem kontemplativen Entrücken, auf gute Weise ziel- und zeitlos.

Crooks + Lovers ist da wesentlich konzentrierter und druckvoller. Auch mit Blick auf die bisherigen Tracks fällt „Yaiza“ mit dem Vocal-Samples und den tighten Bassdrums ungewohnt offensiv daher. Was aber bleibt, ist der Fokus auf ein minimalistisches Set-up. Nur ein paar wenige, dafür umso wirkungsvollere Elemente reichen Crooks + Lovers, um ihren leicht eingedunkelten und klaren Sound weiterzuentwickeln – mein Track der „O*RS 2400“.

Obwohl auch Grizzly mit „Juli im August“ einen wunderbaren Track zu dieser Mini-Compilation beiträgt. Auch hier ähnlich wie schon Savves: Entgrenzung, zehn Minuten lang, aber mit mehr Zug und einer verdichteteren Atmosphäre zwischen den verwunschenen und sich ständig ändernden Synth-Wolken. Dazu eine tief bohrende, stoisch dahin drippelnde Bassline und einige Acid-Blitzer. Da werden gute Erinnerungen an die „Grizzly Cuts 303“ wach.

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Like A Wild Beast’s Fur – unser Berlin-Tipp

Seit mehr als einem Jahr verbindet ein Kollektiv Clubmusik mit anderen Kunstformen – nicht in Leipzig, sondern in Berlin. Doch eine Reise lohnt.

Like A Wild Beast’s Fur, kurz LAWBF heißt die Reihe und seit August 2014 bringt sie in unregelmäßigen Abständen verschiedene internationale Künstler zusammen, die sich einem Werk oder einem Thema gemeinsam widmen. Sie nähern dabei so an, dass daraus ein abendfüllendes Programm in der Kantine am Berghain entsteht. Eines, das jeweils nur einmal in dieser Konstellation zu erleben ist.

„Das Kollektiv arbeitet an einer hybriden Kunstform, welche an der Schnittstelle von Theater und Techno operiert“, heißt es auf der LAWBF-Website. Nicholas Mockridge, Gründer und Kurator der Reihe arbeitete bei den vergangenen fünf Showcases mit einem sehr weiten Theater-Begriff, der einen Text immer in Sound, Licht, Requisite und Video einbettet und der verschiedene Fragen aufwirft.Trotz des relativ kleinen Rahmens in der Berghain-Kantine findet die Zusammenarbeit meist mit überaus renommierten Autoren und Darstellern wie Alexander Scheer, Jasna Fritzi Bauer, Lars Rudolph, Eric Hansen, Volker Spengler oder Mark Ravenhill statt. Hohes Niveau für tatsächlich inspirierende Abende zwischen Club, Literatur, Performance und Theater.

Nach den exklusiven Aufführungen switcht der Abend später über in eine gedehnte Clubnacht. Doch auf für diesen Teil werden DJs mit spannenden Sidekicks gewählt. Im Mai leitete DJ Sprinkles sein Set mit einem Gender-Plädoyer ein, beim Debüt legte Hans Nieswandt anschließend auf.

Und es gibt auch eine direkte Leipzig-Verbindung: Friederike Bernhardt agiert quasi als Haus-Komponistin der Reihe und tritt dort immer wieder live in neuen Kontexten auf. Zuletzt mit dem britischen Autoren Mark Ravenhill, der im Mai 2015 mit einem bissigen Text die Geschlechter-Identitäten ins Schlingern brachte. Auf der Website wird auch eine LAWBF-Tour angekündigt – dann sind die interdisziplinären Exkursionen vielleicht auch in Leipzig zu erleben.

Zuvor gibt es aber am kommenden Sonntag, den 29. November 2015 die sechste Ausgabe von Like A Wild Beast’s Fur. Der Fokus liegt dieses Mal jedoch bei der Bildenden Kunst: In Kollaboration mit LAWBF kreiert der kanadische Filmkünstler Justin Wu zusammen mit den italienischen Sound-Artists Davide Luciani und Fabio Perletta eine interaktive Video-Installation, die sich mit der „Verleugnung der eigenen Identität zugunsten eines fiktiven Imagekonzepts“ auseinandersetzt, wie es in Sozialen Netzwerken und virtuellen Plattformen längst zur Realität gehört.

In der New Yorker Galerie Wallplay war die Installation bereits letzte Woche zu erleben. An diesem Wochenende reist sie nach Berlin, wo Kobosil und Bernhardt. den ersten Teil mit zwei Live-Sets vertonen werden. Später legt Demdike Stare-Mitglied Miles Whittaker auf.

LAWBF Website

Various Artists „Electronic Music Leipzig“

Wie klingt eigentlich die Compilation zu unserer Crowdfunding-Kampagne? Ab jetzt könnt ihr reinhören.

Wir sind sehr glücklich über unsere erste eigene Compilation. Dreizehn Stücke, die vor allem die Vielfalt der Leipziger Elektronik-Szene verdeutlichen soll. Und so finden sich neben House und angeteastem Techno auch viele experimentellere Ansätze bis hin zu einem weirden Schmutzige Teenager-Rap kurz vor Schluss.

Und es reihen sich bekannte neben weniger bekannte, aber ebenso überzeugende Artists in die Tracklist ein. Viele der Stücke sind im Vorfeld oder während unserer Crowdfunding-Aktion erst entstanden, andere wurden als schlummernde Perlen von den Festplatten hervorgeholt. Für das Mastering eines Großteils der Tracks danken wir LXC von Watta Sound.

Wer aber ist Werner Schulze? Karl Marx Stadt steckt hinter dem Ambient-Outro unserer Compilation. Demnächst startet er mit Edition Schulze ein Autorenlabel für Ambient. Ihr werdet davon hier lesen.

Wenn ihr die Compilation als WAV-Download erhalten und uns unterstützen wollt, schaut auf unsere Crowfunding-Seite bei VisionBakery. Bei den Gegenleistungen in der rechten Spalte findet ihr sie schnell.

3 x 45Seven = 6 x Dub-Science

Eigentlich ist 45Seven eine Paradebeispiel dafür, wie ein Label-Konzept überzeugen kann: Im Drum & Bass-Tempo angesiedelter Dub, rhythmisch meist experimentierfreudig und trotzdem auch für Tanzfläche und Kopfhörer geeignet – diesen Spagat muss man erstmal hinbekommen.

Drei neue 7″ sind in den letzten Monaten erschienen und zeigen, dass das durchaus machbar ist. Und dass das Label immerhin schon bei der vierzehnten Ausgabe angekommen ist, spricht für sich.Fangen wir mit der Nummer 12 an: The Untouchables alliieren einmal mit Sam KDC für „Alliance“ und sind außerdem solo mit „Suffa Ray Shun“ vertreten.

So oder so, beide Seiten sind sehr angenehme, sommerliche Stücke, die schon ein wenig auf den atmosphärischen Jungle Anfang der 90er zurückschauen. Super einsetzbar, um der Herbst-Tristesse etwas entgegenzusetzen.

Majestätische Bläser auf einem schleppenderen Groove hingegen bei Nummer 13: King Fifi macht mit dem „King Riddim“ gleich klar, wie der Hase läuft – „You kill the King but you can’t kill the King Riddim“ wird sicherlich schon aus einigen Soundsystem-Boxen erklungen sein.

Zurückhaltender dafür der zweite Track „100000 Chickens“, der mit dem „King Riddim“ nicht ganz mithalten kann und vielleicht im Mix seine Wirkung besser entfaltet.

Ein Wiederhören mit Lowcut gibt es auf der 14. Single. Die treibenden, sich überschlagenden Drums machen „Never Get Burn“ zum Floor-Killer.

Auch „Seraphe Dub“ bietet feinsten Jungle mit schön eingesetzten, zeitlosen Dub-Reggae-Samples. Toll zu beobachten, wie Lowcuts Tracks immer spannender werden.

45Seven Website
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Winter mit Kann Records & Mana-All-Nite

Pünktlich zur großen Kann x Giegling-Party am kommenden Wochenende stehen auch zwei neue Platten aus dem Label-Umfeld im Regal.

„A Bender Story“ erzählt Lake People mit seinem Nebenprojekt Llewellyn da auf der einen Platte – nach seinen Compilation-Beiträgen bei O*RS und Kann Records ist nun erstmals komplett auf einer EP unter diesem Alias zu hören.

Die drei Tracks bewegen sich nicht weit entfernt von dem schwelgerischen und weitflächig umher oszillierenden Synth-Sound von Lake People. Doch es ist eine andere Offenheit und Leichtigkeit zu spüren, ein Gemisch aus spätsommerlicher, melancholisch eingefärbter Euphorie. In unterschiedlichen Nuancen kommt sie zum Vorschein.

Sehr armhochtreibende Chords sind es bei „Roland Summer Jam“, etwas schärfer geschnitten und mit leichtem Acid-Appeal bei „Enter Select Overwrite“ und dann wieder sehr klassisch mit lang gedehnten Harmoniebögen beim Titel-Track. Alles herrlich klassisch und mit angenehmen Understatement.

Außerdem neu: die zweite EP des im Sommer gestarteten Manamana-Labels Mana-All-Nite. Spirituals, zwei Typen aus Mississippi teilen sie die „Mana #2“ mit Perm. Das ergibt zwei sehr verschiedene Seiten.

Während Spirituals mit filigranen, hypnotisch tänzelnden Sounds und angeteastem Funk scheinbar alles reinnehmen, was sie musikalisch und künstlerisch irgendwie aufsaugen, um daraus eine eklektische, kantig belassene House-Mixtur zusammenzuzimmern, konzentriert sich Perm erneut auf wenige Elemente, um daraus das große Fallenlassen zu erleichtern.

Weitaus softer und perkussiver zwar als auf der DUR-Platte von neulich – aber mit einer ebenso einnehmenden wie weirden Loop-Unruhe. Ein gutes Doppel.

Kann Records Website
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#supportfrohfroh – 0 + 0 Tage

In 0+0 Tagen endet unsere Crowdfunding-Kampagne – hier  ein paar Sätze, warum es sich lohnt, uns jetzt zu unterstützen.

Zu erst einmal: Vielen vielen Dank an die über 120 Menschen, die uns bisher in kleinen und überwältigend großen Beiträgen unterstützt haben. Zugegeben: Es ist ein gewisser Größenwahn dabei gewesen als wir ein Crowdfunding über rund 11.000 € gestartet haben. Und sicherlich ist es nach über sechs Jahren kostenfreier Berichterstattung nicht für jeden nachvollziehbar, warum jetzt plötzlich ein Blog um finanzielle Abfederung bittet.

Doch die Idee ist eigentlich sehr smart: Wir wollen frohfroh eben nicht irgendwelchen Marketing-Agenturen als Plattform für nervende Banner und schmalzige Sponsored Posts überlassen, sondern wir möchten es mit unseren Leserinnen und Lesern gemeinsam schaffen. Community, Szene, Zusammenhalt – alles Begriffe, die wir hier oftmals mehr als bloße Plattitüden wahrgenommen haben.

Und das Tolle am Crowdfunding ist, dass jeder noch so kleine Beitrag viel bewirken kann. Jeder geteilte Link, jedes empfehlende Wort in den eigenen sozialen Netzwerken – egal ob virtuell oder real. Ebenso jeder finanzieller Beitrag – egal ob 5 € oder 300 €. Über die Crowd ist es möglich und die Crowd ist eigentlich auch da. Leipzig ist eine überschaubare, aber höchst vitale Stadt mit einer elektronischen Musikszene mit überregionaler Strahlkraft.

An dieser Strahlkraft ist frohfroh nicht ganz unbeteiligt: Gut ein Drittel der Leser kommt von außerhalb Leipzigs, das Musikmagazin Groove nahm uns vor zwei Jahren mit einem großen Interview ins Heft und Radio-Studio. Und die regelmäßigen Anfragen zeigen, dass uns auch große Labels und Agenturen auf dem Schirm haben. Deshalb ist der Satz „Ihr unterstützt mit dem Crowdfunding nicht nur uns, sondern auch die Leipziger Elektronikszene an sich“ nicht einfach daher gedichtet.

Unser Appell: Lasst uns zusammen daran weiterarbeiten. Mit einer Menge kleiner Beiträge ist die vermeintlich groß wirkende Summe schnell drin – ähnlich wie beim Clubeintritt zahlen, Drink, MP3 oder Platten kaufen.

#supportfrohfroh

Übrigens: Wir haben weitere Support Gifts nachgelegt – signierte Platten und eine Party.

Und auch lesenswert: unser Interview mit den Filmleuten vom Relativ Kollektiv, mit denen wir gern frohfroh medial erweitern möchten.

UPDATE

Wir hauen noch einmal vier Tage drauf – warum lest ihr in unserem Blog-Beitrag auf Visionbakery.

Crssspace „Ghostloops“

Crssspace ist uns allen bestimmt auf der tollen OverDubClub-Compilation aufgefallen. Klammheimlich hat er dieses Jahr aber auch ein eigenes digitales Beat-Tape veröffentlicht. Und: „Ghostloops“ ist nicht das erste. Drei Vorgänger gab es bereits 2014 auf Bandcamp.

Vielleicht erinnert ihr euch an die Frage, wie Duktus wohl klingen würde, wenn seine Beats von Übernächtigung, Kopfschmerzen und verrauchten Klamotten erzählen würden. Mit den neun sehr kurzen Loops von Crssspace scheint es schon längst eine Antwort zu geben. Herrlich neben der Spur schlingert der Funk hier um die Ecke und das ist wörtlich gemeint. Und immer schimmern kleine Melodien zwischen den schlurfenden Beats hindurch, als ob betrunkene Roboter frühmorgens versuchen, nach Hause zu stolpern.

Wenn wir schon dabei sind: Die Beats von Crssspace untermalen nicht nur so manches Graffiti-Video – vielmehr gibt es eine ganze Reihe von Live-Jams-Sessions auf seinem eigenen Vimeo-Kanal.

Crssspace Bandcamp
Crssspace Soundcloud

Das Pwndtiac-Jahr

Jetzt kommt eine Floor-Pop-Welle: Denn Pwndtiac ist in diesem Jahr bei uns enorm vernachlässigt wurden.

Und deshalb hauen wir hier noch einmal einiges von dem rein, was Pwndtiac in den vergangenen Monaten veröffentlicht hat. Ganz leicht fällt mir das nicht, weil Pwndtiac wirklich sehr konsequent den Pop-Appeal in seinen Stücken sucht.

Mit einer Eingängigkeit aber, die sich sehr gut in den UK-Deep-House-Sound um Disclosure einfädelt. Groß zelebrierter und weich vertonter Hedonismus an der Grenze zum durch formatierten Überpop – aber eben immer mit einer klaren und gesunden Club-Erdung.

Im Mai kam beispielsweise die „The Beach“-EP heraus, bei der die Hamburger Sängerin Krue die Stücke einfärbt. Während „The Beach“ klar ins Radio tendiert, dehnt sich „Midnight Beach“ als Quasi-Club-Edit mit runtergepitchter Stimme in den Club aus.

Die Zusammenarbeit mit dem Kanadier Muneshine und Pamela Fernandez brachte wiederum „Kickin‘ In The Beat“ hervor, einem Track, der wirklich alle Pop-House-Register mit Soul-Vocal zieht. Too much für mich.

Smarter dagegen „Bring It On“, das erst vor ein paar Tagen beim kanadischen Label Scissor Records als Single herauskam. Birthe Kleemann singt hier – auf einem Stück des Leipziger Rappers Jahmica war sie schon einmal zu hören.

Im Pwndtiac-Kontext klingt sie noch einmal um einiges selbstbewusster. Und natürlich schillern die dicke UK-Bassline und die matschigen Claps hier extra – im Rückblick tatsächlich mein Favorit in diesem Pwndtiac-Jahr. Irgendwie geiler Hochglanz – zum Kontern des Schroffen.

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DSO Remix Contest – Romantic Revolution

Das Deutsche Symphonie Orchester Berlin ruft die „Romantic Revolution“ aus – mit einem Remix-Contest, der Klassik und Elektronik verbinden möchte.

Um einen Remix-Contest zwischen den beiden Polen Klassik und Elektronik ging es erst kürzlich bei frohfroh – wenn auch in einem kleineren Rahmen. Bis Ende Januar 2016 bietet auch das renommierte Deutsche Symphonie Orchester Berlin die Möglichkeit, sich dieser Verschmelzung anzunähern.

Zwanzig einzeln aufgenommene Spuren aus dem vierten und letzten Satz von Anton Bruckners Symphonie No. 4 stehen als Download bereit, um daraus neue  Versionen und Remixe zu kreieren. Ein guter Ausgangspunkt für ebenso monumentale wie stille und entschlackende Interpretationen der Romantik. Und für eine neue Herausforderung – denn leicht dürfte das Herangehen bei der Klangdichte nicht sein.

Schirmherr des Contests ist Henrik Schwarz, der auch zu einer vierköpfigen Jury gehört, die die fünf besten Remixe kürt. Diese sollen dann auf Sony Classical erscheinen und am 31. März 2016 in der Sonos Lounge sowie am 1. April 2016 in der Philharmonie Berlin präsentiert werden. Prämien für die Gewinner gibt es noch on top.

Alle weiteren Informationen und Downloads gibt es hier.

Was im letzten Jahr alles beim ersten Contest entstand, ist übrigens hier zu entdecken.

V.A. „15 Years Of Moon Harbour“ (Moon Harbour Recordings)

Happy Birthday Moon Harbour Recordings – in diesen Tagen feiert Leipzigs renommiertestes Label sein 15-jähriges Bestehen.

Verrückt, wie schnell die 5er-Schritte gehen. Im Herbst 2010 gab es den Moon Harbour-Herbst bei frohfroh und der kommt mir noch gar nicht so lange her. In der Zwischenzeit ist der Label-Katalog enorm gewachsen, das Vinyl kehrte nach einem kurzzeitig stärkeren Digital-Fokus als Liebhaber-Gimmick wieder vermehrt zurück. Und natürlich liegen unzählige weltweite Auftritte hinter Label-Chef Matthias Tanzmann sowie den über die Jahre aufgebauten Künstlern wie Dan Drastic, Sven Tasnadi und Luna City Express.

Dass mir in dem klar funktional durchdeklinierten Tech House-Sound des Labels die Suche nach den musikalischen Perlen zunehmend schwerer fiel, soll nicht darüber hinweg täuschen, dass ich größten Respekt vor Moon Harbour Recordings habe, steht das Label mit seiner Booking-Agentur für eine der wenigen hochprofessionellen Institutionen in der Leipziger Clubszene. Inklusive eines internationalen Netzwerks und Artist-Freundeskreises.

Die Compilation zum 15. Geburtstag behält den Weg der Label-Compilations inhaltlich bei: Feste Konstanten und ausgewählte Wegbegleiter treffen mit exklusiven Tracks zusammen. Die größte Überraschung ist dabei Daniel Stefanik, der nach fast zehn Jahren erstmals wieder auf Moon Harbour zu hören ist.

Bei Facebook zeigte kürzlich ein Post, dass zudem bald wieder mit einer gemeinsamen EP mit Matthias Tanzmann zu rechnen ist. Sein „Words“ klingt auf jeden Fall höchst selbstbewusst und uplifting. Die restlichen 12 Stücke bewegen sich zwischen klassischem Tech- und Deep House.

Meine Highlights: Marco Faraones angeraute und straight reduzierte „Night In Lima“, Gregor Treshers flirrend-melodiöses „Narco“ und wieder einmal Maximiljan mit seinem mehr zurückgelehnten „Inside“. Und auch der ultra deepe, soul-geerdete Sound von Luna City Express kriegt mich hier wieder. Noch mehr Soul kommt mit Marlows „Rockin“, einem der ersten Moon Harbour-Artists.

Im Gesamtdurchlauf eine in ihren House-Facetten weit ausholende Werkschau zu einem durchaus großen Label-Jubiläum. Sven Tasnadi mixte die Compilation-Stücke außerdem noch zu einem Werkschau-Mix. Und im kreuzer gibt es parallel ein Interview mit Matthias Tanzmann.

Moon Harbour Website
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#supportfrohfroh – Relativ Kollektiv im Interview

André und Benjamin sollen künftig für frohfroh Kurz-Dokus über die Leipziger Elektronik-Szene drehen. Was ihnen künstlerisch wichtig ist und was sie vorhaben, erklären Sie in unserem Interview.

Aufmerksam auf das Relativ Kollektiv bin ich, wie wahrscheinlich einige andere auch, durch die „Landgang“-Video-Reihe geworden, bei der Musiker aus dem Analogsoul-Umfeld porträtiert wurden. Später folgte der längere Dokumentarfilm „Freiheit, Freiheit, Wirklichkeit“, der tiefer in den Alltag unabhängiger Musiker blickte.

Die unaufgeregte und fast schon poetische Ästhetik gefiel mir sofort und ich freute mich auf jede neue Folge. Logisch, dass mir bei den ersten Überlegungen einer frohfroh-Video-Reihe sofort das Relativ Kollektiv in den Sinn kam. Im Sommer traf ich mich erstmals mit André Klar und Benjamin Büttner, um gemeinsam die Video-Reihe und die Crowdfunding-Aktion vorzubereiten.

Mit dem Pitch-Video wollten sie bereits den dokumentarischen Stil anteasen, der auch die geplante frohfroh-Reihe mitprägen soll. Und so fuhren sie zu Neele, Daniel, Steffen, Markus und mir, um Stimmen und Stimmungen einzufangen.

Nun sollen sie selbst zu Wort kommen – damit ihr wisst, wer hinter der Kamera und dem Mikrofon steht, wenn das Projekt erfolgreich durch euch finanziert wird.

Was ist das Relativ Kollektiv?

André: Wir sind eine lose Gruppe von Freunden, die sich treffen, Ideen zusammentragen und freie sowie kommerzielle Projekte umsetzen. Dabei schaffen wir den Spagat zwischen Video- und Sound-Produktion bis hin zu Grafik, Fotos und Druckerzeugnissen. Die bunte Mischung an Fähigkeiten in unserer Gruppe gibt uns einen großen kreativen Background, da jeder in alle Projekte involviert wird und etwas dazu beitragen kann.

Benjamin: Das Kollektiv ist erstmal nur ein Versuch, verschiedene kreative Leute an den Tisch zu bringen und dem Ganzen eine Form zu geben. Gleichzeitig sorgt es immer wieder für neue Impulse und großartigen Input, um neue noch unbekannte Sachen auszuprobieren und auch stetig an sich selbst zu arbeiten.

Ich bin über die Landgang-Reihe auf euch aufmerksam geworden – wie kam es zu dieser Serie eigentlich?

André: Benni und ich wollten ein erstes gemeinsames Filmprojekt starten. Die Idee war, eine Musikdokumentation aus Leipzig zu machen, welche diesen Mai durch den Film „Freiheit, Freiheit, Wirklichkeit.“ umgesetzt wurde.

Die Landgang-Reihe war eine Vorbereitung auf die Dreharbeiten zur Doku. Wir konnten alle Protagonisten und Protagonistinnen kennenlernen und diese uns, konnten Orte begehen und unser Zusammenarbeiten ausloten.

Benjamin: Das Ganze wurde durch eine simple Mail an Fabian von Analogsoul ins Rollen gebracht, der uns da von Anfang an komplett vertraute, was ziemlich cool war. Schließlich hatten wir bis dahin noch nichts mit Musikern gemacht. Und irgendwie hatten wir auch ein ziemlich spannendes Jahr für das Label erwischt – neue Alben, EPs, Konzerttouren. Manchmal läuft’s einfach.

Wie war das Feedback zum Dokumentarfilm „Freiheit, Freiheit, Wirklichkeit.“?

André: Bisher ist das Feedback gut, aber auch noch sehr zurückhaltend. Das hat vor allem mit den Gegebenheiten des Filmbusiness zu tun. Wenn der Film fertig ist, geht normalerweise erstmal eine 1-2-jährige Tortur los, in der man versucht, den Film auf Filmfestivals und in unserem Fall auf Musikfestivals zu bringen.

Erst nach dieser Zeit wollen und können wir den Film einer breiten Masse zugänglich machen und mit diesem Schritt erhoffen wir uns dann auch mehr Feedback von den Menschen, die wir erreichen wollen.

Was für Filme habt ihr sonst noch gedreht?

André: „Freiheit, Freiheit, Wirklichkeit.“ ist bisher unser erster Film. Das soll aber nicht so bleiben. Wir sind bereits in der Ideenfindung für die nächste Doku, die eventuell im Laufe des nächsten Jahres angegangen wird. Thematisch werden wir uns dann aber komplett neu orientieren. Über Musik aus Leipzig werden wir dann ja hoffentlich genug in unserer gemeinsamen Video-Serie erfahren.

Benjamin, welche filmischen Genres oder Stilistiken haben dich beeinflusst bzw. sind dir für deine Aufnahmen wichtig?

Benjamin: Meinen Background habe ich im Skate-Video-Business. Vor 13 Jahren fing ich damit an, meine Skate-Homies beim Grinden der lokalen Bordsteinkanten in unserer Heimatstadt zu filmen. Über die Jahre manifestierte sich dann wahrscheinlich meine Affinität, Musik mit Film und Performance zu verbinden.

Konkrete Stile oder bahnbrechende Pioniere der gegenwärtigen Filmkunst aufzuführen fällt mir immer ziemlich schwer, da der ganze Online-Content heutzutage vor guten Sachen nur so überquillt und es nicht gerade einfacher macht, da den Überblick zu behalten. Empfehlenswert sind allerdings die Arbeiten von Tyler McPherron sowie Sebastien Zanella für das Desillusion Magazine.

Persönlich vertraue ich oft auf meine Intuition und Erfahrung. Ich mag es, Sachen einfach und ehrlich zu halten und die meist nur knappen Mittel so effizient und kreativ wie möglich auszuschöpfen.

André, du kommst aus dem Sound-Design und kümmerst dich bei euren Filmen um den Ton – was ist dir beim Ton wichtig?

André: Ton eröffnet für mich eine große Dimension, vor allem im Film. Ich möchte mit dem Ton mehr aufzeigen als das mit den Bildern möglich ist. Der unausgesprochene Standard im Film ist der Satz „Bild vor Ton“. Ich möchte mit meiner Arbeit diese Devise nicht umdrehen, will aber für den Zuschauern und Zuschauerinnen die Ebene des Tons, vor allem im Dokumentarischen wieder öffnen und den Tönen, die an den Drehorten stattfinden, eine größere Aufmerksamkeit schenken.

Ein Schritt dazu ist der Raum – jeder Raum klingt und so auch jedes Interview, was in einem Raum stattfindet. Das darf die Zuschauerin bzw. der Zuschauer gern mitbekommen, weg vom Ansteckmikrofon, hin zur realen Hörsituation.

Und gibt es in dem Bereich Leute oder Techniken, die deinen Umgang mit Tonaufnahmen besonders beeinflusst haben?

André: Ich bin in meiner Freizeit auch als Fieldrecordist unterwegs, laufe also umher und nehme spannende Orte und Geräuschquellen auf. Vor allem die im Fieldrecording bekannten Vorreiter R. Murray Schafer und Bernie Krause haben mich stark geprägt.Wie geht ihr an eure Filme meist heran – gibt es feste Abläufe?

André: Im Normalfall treffen wir uns öfters auf einen Kaffee und überlegen, worauf wir Bock haben und was sinnvoll wäre für das Endergebnis. Beim Drehen kümmert sich Benni um das Bild und ich mich um den Ton. Regie-Anweisungen kommen individuell von uns beiden.

Die Postproduktion findet dann hinter verschlossenen Türen statt, jeder in seinem Bereich. Sobald es etwas zu sehen oder zu hören gibt, setzen wir uns wieder zusammen und besprechen den aktuellen Stand, bevor das ganze fertig gestellt wird. Generell sitzen wir gemeinsam am großen Ganzen und teilen uns die einzelnen Produktionsbereiche auf.

Benjamin: Feste Abläufe gibt es so nicht. Wir stehen in regelmäßigem Kontakt und spielen uns häufig Ideen zu. Leider konnten wir bisher nur wenige Sachen im Vorfeld richtig planen, da auf Dreh meist nie irgendetwas so passiert, wie man es sich einige Tage zuvor ausgemalt hatte.

Oft ist da Spontanität und Kompromissbereitschaft gefragt. In der Postproduktion setzt man dann die Vision um. Mehr oder weniger. Manchmal ist man auch gezwungen, Sachen anders zu denken oder komplette Pläne über Bord zu werfen, um dem Video am Ende gerecht zu werden. Da ist es wichtig, nicht allein auf sich angewiesen zu sein sondern einen Kollegen zu haben, der ähnlich denkt und fühlt.

Habt ihr schon Ideen für die neue frohfroh-Video-Reihe?

Konkrete Ideen gibt es noch nicht, aber wir haben große Lust, etwas zu entdecken, was sonst vor verschlossenen Türen bleibt. Schöne Bilder und Interviews von Produzenten, die vor ihren blinkenden Geräten sitzen, gibt es schon genügend.

Für uns ist es spannend herauszufinden, was die elektronische Musikszene in Leipzig sonst noch ausmacht. Was machen die Menschen, ohne die sonst gar nichts gehen würde? Wer putzt den Club nach einem durchtanzten Wochenende? Wer schmeißt die ganze Nacht die Bar? Warum veranstaltet jemand Partys, die nichts kosten und illegal sind? Wer repariert die Anlage, wenn mal wieder der Hochtöner durchgeschossen ist? Das alles sind Fragen, die wir in unsere Recherche einbeziehen werden.

Benjamin: Für mich ist die Frage nach der Form der Video-Reihe gerade viel spannender als die des zukünftigen Contents. Ich würde gerne herumexperimentieren und mich nicht auf das reine Portrait-Format versteifen. Musikvideo und Kurzfilm sind auf jeden Fall zwei Pfeiler, die da für mich von Bedeutung und – sinnvoll miteinander verknüpft – aus der Video-Reihe ein großes Ganzes machen könnten.

Ach, und was für Musik mögt ihr eigentlich?

André: Das ist für mich schwer zu definieren und reicht von Jazz & Klassik, hin zu Electronic in seinen härteren und entspannteren Formen, bis hin zu Gitarrensounds. Über allem liegt aber schon eine größere Zuneigung zu instrumentaleren Formen der Musik. Greifen kann ich das alles jedoch nicht und würde mich auch nirgends explizit verorten.

Benjamin: Obwohl ich sehr gern und gut tanze, läuft rein elektronische Musik bei mir eher selten. Klar halten Electronica und Ambient auch Einzug auf meiner Playlist, aber generell fühl ich mich bei Psychedelic und Rock Mucke am wohlsten.

Relativ Kollektiv Website

Various Artists „Closed Sessions“ (Rivulet Records)

Das Berlin/Leipziger Label Rivulet Records mag den gemächlichen Kurs – sowohl vom Sound als auch von der Release-Dichte her.

Ein Jahr liegt die letzte EP zurück, Rivulet selbst spricht nun von einem „kleinen Comeback“. Doch das Label wirkte von Anfang wie ein Liebhaberprojekt, das viel Wert auf warm-geerdete Deepness und handgefertigte Cover legt. Da können die Abstände zwischen den einzelnen Platten auch größer ausfallen.

Das Comeback mit „Closed Sessions“ ist eine Mini-Compilation mit fünf introvertierten House-Tracks aus dem erweiterten Freundeskreis des Labels. Subtil schiebend und mit weiten analog klingenden Synth-Chords bewegen sich Perseus Traxx, Stanley Schmidt und Profile auf der A-Seite. Schön ausgeglichen, trotz der mitschwingenden Melancholie.

Die B-Seite bespielen Mod.Civil und Pablo Mateo mit einem Hauch mehr Darkness und mehr Rauheit. Besonders letzterer bringt mit seinem breakigen Acid-Touch und den russischen Samples noch einmal andere, gut bedrückende Note in die Compilation hinein. Eine sehr stimmige Platte, die dann doch Lust auf mehr Platten von Rivulet Records macht. Aber vielleicht ist der langsame Takt auch genau richtig, um den Tracks ihre Zeit zum Entfalten zu lassen.

Die Platte kommt wieder in einem mit Siebdruck veredelten Cover.

Parallel zur „Closed Sessions“-Compilation haben Mod.Civil einen Label-Podcast zusammengestellt, der sowohl unveröffentlichte und veröffentlichte als auch Teile der Live-Sets zu einem „Rivulet Insight“ vermixt. Eine wunderbare Stunde quer durch die roughe Deepness des Mod.Civil-Sounds. Unbedingt mit anhören.

Rivulet Records Website
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